Lohn der Langsamkeit

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Von
  • Jürgen Seeger

Drahtlose Endgeräte sollen den nächsten Boom des Internet bringen. Das mit Abstand meistgenannte Wort in den Vorankündigungen zur CeBIT ist WAP, der Forrester-Report sieht schon in vier Jahren jeden dritten Europäer via Handy mit Wireless Application Protocol im Internet surfen.

Die Idee ist zweifelsohne faszinierend: überall und zu jeder Zeit auf E-Mail, Auskunftsdienste und Nachrichten zugreifen können, auch unterwegs immer im Bild zu sein über alles, was die Firmendatenbank hergibt. Doch der Weg hat mehr Hürden, als es Marketingstrategen und Analysten glauben machen wollen.

Hürde 1: Zurzeit sind kaum Endgeräte verfügbar. Sogar Aussteller, die in Hannover ihre Anwendungen fürs drahtlose Netz demonstrieren wollen, hatten Mühe, genügend WAP-fähige Handys aufzutreiben.

Hürde 2: Das Handy herkömmlicher Bauart ist für die Datenein- und -ausgabe etwa so geeignet wie ein Mountainbike für die Autobahn. Das Display ist zu klein, schon das Eintippen von kurzen Buchstabenfolgen ist eine Geduldsprobe. Daran ändern auch Kunstgriffe wie Scroll- oder Ergänzungslisten wenig.

Hürde 3: Zurzeit ist die eigentlich für WAP vorgesehene Übertragungstechnik, das paketorientierte GPRS mit einer ISDN vergleichbaren Bandbreite, noch nicht verfügbar. Frühestens in diesem Sommer wird in Deutschland der General Packet Radio Service angeboten werden, Provider wie E-Plus setzen deshalb sogar auf alternative Highspeed-Verfahren.

Hürde 4: Wer jetzt ein WAP-fähiges GSM-Handy kauft, kann gleich die Investition für das nächste Gerät einplanen. Ein Upgrade auf GPRS ist nämlich nicht möglich.

Hürde 5: Auch GPRS ist nur ein Zwischenschritt, ab 2002 sollen die Netze der so genannten Dritten Generation kommen, die auf Basis von UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) arbeiten und Bandbreiten im Megabitbereich bieten. Zur Frage der Endgeräte siehe Hürde 4.

Einen Ausweg aus dem Dilemma könnten WAP-fähige PDAs beziehungsweise Organizer bieten, die zur Kommunikation auf ein Handy zugreifen. Diese Geräte sind allerdings (noch?) zu teuer für den Massenmarkt.

Website-Betreiber, Provider und Softwarehäuser haben darum keinen Grund, wegen WAP hektische Aktivitäten einzuleiten. Bis die Zahl der WAP-User nennenswerte Dimensionen erreicht, dürfte noch geraume Zeit verstreichen. Größer als die Gefahr, hier zu spät zu kommen, ist das Risiko, dass die Gerätehersteller durch ungeeignete Implementierung eine prinzipiell viel versprechende Technik in Verruf bringen. (js)