Metaverse-VP Shah über Avatare, Interoperabilität und die Zukunft des Internets

Metaverse ist die nächste Version des Internets, sagt Vishal Shah. heise online sprach mit dem Meta-VP darüber, was Avatare mit Interoperabilität zu tun haben.

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(Bild: mundissima/Shutterstock.com)

Lesezeit: 7 Min.

Kurzfristig war es ruhig geworden um das Metaverse. Künstliche Intelligenz schien das neue Standbein bei Meta zu werden. Doch mit dem ersten Abflachen des KI-Hypes und nicht zuletzt auch dank der Vorstellung von Apples Vision Pro ist das Metaverse wieder in den Blickpunkt geraten. Wir konnten dazu mit dem zuständigen Vice President bei Meta, Vishal Shah, in einem exklusiven Interview sprechen.

Zunächst vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen. Was gibt es denn für Neuigkeiten aus dem Metaverse?

Ich freue mich, danke. Unsere Vision ist, dass das Metaverse die nächste Version des Internets wird, erreichbar für jedermann und über jedes Gerät – nicht ausschließlich über Headsets. Meta ist für jedermann. Und das Metaverse ist nicht bloß für Meta, sondern für jedes Unternehmen. Es soll nicht nur Geräte-übergreifend sein, sondern schlussendlich auch Plattform-übergreifend. Viele Unternehmen weltweit arbeiten an vielen Anwendungen für das Metaverse.

Avatare repräsentieren die digitale Identität, deshalb sind sie für uns so wichtig. Sie entsprechen dem, wie wir in diesem Universum auftreten wollen. Das gilt für alle Plattformen. Auf allen Kommunikationsplattformen zeigen sich Menschen. In der physischen Welt haben wir eine Art, uns auszudrücken und zu präsentieren, also sollten wir das entsprechend auch in der digitalen Welt haben. Dafür sind die Avatare da. Mehr als eine Milliarde Menschen haben inzwischen einen Avatar. Als wir sie für WhatsApp verfügbar gemacht haben, wurden im ersten Monat 100 Millionen Avatare erstellt, also gibt es offensichtlich Bedarf. Wir wollen die Avatare immer weiter verbessern. Dazu gehört, dass sie mehr Ausdrucksstärke bekommen sollen.

Gibt es auch neue Einsatzgebiete für Avatare?

Es gibt drei neue Funktionen: Man kann Avatare bald für Videoanrufe nutzen. Bisher gibt es nur "Kamera an" oder "Kamera aus". Wir dachten, es wäre gut, einen dritten Weg zu finden. Manchmal hat man einen schlechten Tag oder der Hintergrund ist unpassend. Ein Avatar kann noch immer beispielsweise Stimmungen übertragen, indem er Gesichtsausdrücke wiedergegeben wiedergibt, statt gar kein Bild zu übertragen. Das digitale Abbild soll aber nicht nur bei Videoanrufen funktionieren. Es kann in allen Apps eingesetzt werden, auch in den Reels oder Storys. Avatar-Sticker lassen sich bald gemeinsam nutzen, dadurch wollen wir das Gefühl verstärken, dass man zusammen ist, auch wenn man physisch nicht unbedingt zusammen ist. Unsere Apps sind keine Single-Player-Apps, man kommuniziert mit anderen, nicht mit sich selbst. Ein gemeinsames High Five verbindet mehr, als ein einzelnes. Als Drittes gibt es bewegte Sticker.

Vishal Shah, Meta-VP für das Metaverse

(Bild: Vishal Shah)

In Virtual Reality verkörpern Avatare künftig eine gesamte Person, man nutzt seine Hände, man nutzt seinen Körper, all das wird wiedergegeben. VR ist eine besonders immersive Erfahrung. Wir wollen möglichst viel davon in das Smartphone bringen.

Bisher kann man die Avatare vor allem in "Horizon Worlds" nutzen. Was ist gemeint, wenn es um das Metaverse geht, und was, wenn es um "Horizon Worlds" geht?

Wir glauben, das Metaverse ist die nächste Version des Internets. Das Internet ist nicht ein einzelnes Produkt. Das Metaverse erweitert die Nutzung des Internets um immersive Erfahrungen. Hier wird es Dienste und Apps von verschiedenen Anbietern geben. Allerdings wollen wir mehr Verbindungen zwischen diesen Diensten, als es im bisherigen Internet gibt. Apps auf dem Smartphone sind alle einzelne Silos. Avatare und digitale Güter sollen im Metaverse von A nach B mitgenommen werden können, etwa wie auch NFTs. "Horizon Worlds" ist eines der Universen, das im Metaverse bereits existiert. Wir hoffen, es wird ganz viele Universen von anderen geben, und dass Menschen auch als Avatare von einem Universum ins andere gehen können.

Das heißt, die Universen sollen miteinander kommunizieren können? Meta geht mit Threads gerade den Weg in Richtung Fediverse. Ist das die Zukunft?

Es wird verschiedene Formen von Interoperabilität geben, bis hin zu einer vollständigen Offenheit und Protokollen wie ActivityPub, auf dem das Fediverse basiert, und an dem wir mit Threads arbeiten. Aber das betrifft nicht alle Bereiche. Es wird Standards geben, manche Verbindungen werden SDK- oder API-basiert sein. Manche Anwendungen werden aber auch geschlossen bleiben. Ich denke, wir drehen hier etwas um, diesmal starten wir offen, während früher alles geschlossen war und sich nun mehr öffnet.

Spricht man vom Metaverse, geht es meist um Virtual Reality. Meta arbeitet mit Ray Ban aber etwa auch an Augmented-Reality oder smarten Brillen. Microsoft spricht gerne von einer Mixed-Reality-Zukunft und nun hat Apple den Begriff Spatial Computing aufgeworfen.

Wir denken, dass das Metaverse als nächste Version des Internets all das umfasst. VR ist ein besonders immersiver Weg, etwas zu erleben. Mixed Reality ist eine Mischung aus der physischen und digitalen Welt durch ein Headset. AR ist enger mit der realen Welt verknüpft, es ist eher ein Overlay, etwa in Sonnenbrillen. Im Vordergrund steht immer der Use-Case, ähnlich wie es auch jetzt den Laptop, das Smartphone und andere Wege gibt, um etwas im Internet zu nutzen. Die verschiedenen Herangehensweisen ergänzen sich. Dazu kommen allerdings auch die jeweiligen Schwierigkeiten wie etwa die Batterielaufzeit, die bei Headsets bisher vergleichbar gering ist.

Apples Vision Pro versucht das mit großem Akku und Kabel zu lösen. Wie gefällt ihnen das Headset?

Ich habe es leider noch nicht testen können, freue mich aber sehr, wenn mehr Unternehmen unsere Vision teilen. Schließlich arbeiten und investieren wir schon eine Weile in diesem Bereich. Wir wollen das Metaverse für jeden erreichbar machen, da positionieren wir uns anders als Apple. Unsere Vorstellung ist auch nicht, dass man mit einem Headset irgendwo sitzt. Dennoch teilen wir offensichtlich die Vorstellung der Zukunft des Internets. Mehr Menschen werden darüber nachdenken, wie die Zukunft des Internets aussieht. Und Wettbewerb ist immer gut – mindestens für die Endkunden. Wir können aber auch voneinander lernen, was den Menschen gefällt, was funktioniert.

Worauf können wir uns im Metaverse schonmal freuen? Bekommen die Avatare bald Beine?

Wir arbeiten schon lange an den Beinen, sie werden kommen, aber ich habe da keine konkreten Neuigkeiten für sie. Es wird aber viele Verbesserungen für "Horizon Worlds" geben, die Qualität betreffend, neue Inhalte und Möglichkeiten zur Interaktion. Am aufregendsten ist wohl, dass wir "Horizon Worlds" vom Headset entkoppeln werden. Bald ist die Plattform auch außerhalb von Virtual Reality verfügbar. VR ist die immersivste Art, "Horizon Worlds" zu erleben, aber bisher nicht die, die von den meisten Menschen genutzt wird. Deshalb möchten wir uns öffnen und es möglichst vielen Menschen zugänglich machen. Dann können Menschen miteinander kommunizieren, egal ob sie mit einem Headset oder mit einem Smartphone in Horizon Worlds sind. Das finde ich eine sehr coole Sache.

Anmerkung: "Horizon Worlds" ist in Deutschland bisher nicht verfügbar, einen Termin, wann es nach Deutschland kommt, gibt es bisher nicht.

(emw)