Mückeneier gegen Denguefieber

Um gegen Aedes aegypti vorzugehen, will eine Firma aus Großbritannien transgene Mücken in Umlauf bringen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Mückeneier gegen Denguefieber

(Bild: Oxitec)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Regenzeit ist in Brasilien Denguefieber-Zeit. Zwischen Januar und Mai nutzen die Weibchen der Ägyptischen Tigermücke (Aedes aegypti) und der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) jedes freie Fleckchen Wasser zur Eiablage. 2019 übertrugen sie beim Blutsaugen das Denguevirus auf 1,4 Millionen Brasilianer. Die Patienten leiden neben wiederkehrenden Fieberspitzen auch an Kopf-, Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerzen, Erbrechen und Hautausschlag. In manchen Fällen kann es zu tödlichen Komplikationen kommen, und es gibt keine Impfung gegen das Virus.

Um Aedes aegypti zu bekämpfen, will das britische Unternehmen Oxitec in kleine Kapseln verpackte Eier einer transgenen Variante der Mücken in Umlauf bringen. Der Einsatz der Kapseln ist so einfach, dass die Gentech-Tiere zum Hausmittel werden könnten: Die Kapsel legen Nutzer in eine spezielle Box, die Nahrung enthält und für die richtige Bruttemperatur sorgt, geben etwas Wasser dazu – fertig ist die Denguewaffe.

Durch einen gentechnischen Kunstgriff erreichen nur die aus den Eiern geschlüpften Männchen das Erwachsenenalter. Sie verdrängen bei der Paarung die Wildtyp-Männchen und geben ihre veränderten Gene an ihre Nachkommen weiter. Die weiblichen Nachkommen produzieren mit dem eingefügten Gen „tTAV“ ständig das dazugehörige Protein. Das ist zwar ungiftig, aber die Zellen sind so stark damit beschäftigt, dass sie nicht mehr mit der Produktion aller anderen lebensnotwendigen Eiweiße hinterherkommen und die Töchter letztlich daran sterben. Die Söhne produzieren es nicht und treten in die Fußstapfen der Väter. Weil Männchen nicht stechen, übertragen sie auch das Denguevirus nicht.

In einer 13-wöchigen Feldstudie in der brasilianischen Stadt Indaiatuba bewirkten die mit Eiern gefüllten Kapseln im Testgebiet mit 1000 Probanden Rose zufolge tatsächlich einen 95-prozentigen Rückgang im Vergleich zu Kontrollgebieten ohne Ei-Umlauf.

„Der Effekt hielt auch nach dem Freisetzungsstopp mehrere Monate an“, sagt Rose. Durch kontinuierliches Freisetzen der Eier ließen sich die ursprünglich aus Afrika eingeschleppten Mücken theoretisch ausrotten und bei erneutem Einschleppen, was nach einer ersten Eradikation 1958 schon einmal passiert ist, jederzeit erneut bekämpfen.

Die Wahrscheinlichkeit von Mutationen, die den geschlechtsspezifischen Tötungseffekt aushebeln könnten, hält Oxitec für gering. Für einen solchen Resistenzeffekt habe man in zehn Jahren Entwicklung keine Anzeichen entdeckt. Behörden und Bevölkerung sei es wichtig, dass eine solche Gentech-Strategie jederzeit gestoppt werden kann. „Die brasilianischen Aufsichtsbehörden haben auch keine schädlichen Nebenwirkungen gefunden“, so Rose.

Als Nächstes plant Oxitec einen ähnlichen Feldtest in Südflorida, wo es in den vergangenen Jahren mehrere Denguefieber-Ausbrüche gegeben hat. Die Freigabe dazu hat das Unternehmen bereits von der US-Umweltbehörde EPA erhalten.

Unabhängige Wissenschaftler der Yale University meinen jedoch, bei einer früheren Oxitec-Feldstudie in Brasilien unerwünschte Auswirkungen entdeckt zu haben. Wie sie 2019 im „Nature“-Ableger „Scientific Reports“ gemeinsam mit brasilianischen Kollegen schrieben, fanden sie bis zu 30 Monate nach Ende der Tests in der lokalen Population der Ägyptischen Tigermücke Gene aus den transgenen Mücken. Das veränderte Gen selbst war zwar nicht dabei, doch der Fund lasse darauf schließen, dass einige transgene Mücken doch überleben und Nachkommen zeugen. Die Forscher warnen, dass solche hybriden Nachkommen oft robuster seien und Insektizid-Resistenzen in die heimische Population eintragen könnten. Oxitec zufolge waren einige überlebende Mücken zu erwarten gewesen. Das Unternehmen bestreitet jedoch, dass die wenigen Hybride robuster geworden wären. Man habe die erste Generation extra anfällig für Insektizide gemacht.

(jsc)