RelaisGate: Fehlendes Relais hat weitreichendere Folgen

Mehr als 25 Prozent der Wechselrichter in Deutschland könnten vom fehlenden Relais bei Deye betroffen sein. Der BKW-Begründer plant eine Strafanzeige.

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Betroffener Deye-Wechselrichter am Balkonkraftwerk

(Bild: heise online / dmk)

Lesezeit: 3 Min.
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Es ist weiter Bewegung im Fall Deye: Der Erfinder des gut greifbaren Begriffs "Balkonkraftwerk", Holger Laudeley, hat jetzt in einem Youtube-Clip angekündigt, eine Strafanzeige gegen Deye wegen Wirtschaftsbetrugs vorbereiten zu wollen. Außerdem nennt Laudeley Zahlen, die aufhorchen lassen: Die Anzahl installierter Balkonkraftwerke schätze er demnach auf 1,5 Millionen Stück – zehnmal mehr Anlagen, als im Marktstammdatenregister registriert wurden. Deye allein hat bereits 400.000 Wechselrichter auf dem deutschen Markt verkauft – so habe es Laudeley von dem chinesischen Hersteller erfahren.

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Laut Herstellerangaben sind nicht alle Modelle betroffen, die das Unternehmen selbst als "alle im deutschen Gebiet" verkauften Geräte "mit 2 MPPTs von 600W, 700W und 800W Leistung" bezeichnet, aber doch der Großteil. Darunter dürften die populären Geräte SUN600G3-EU-230 bis SUN800G3-EU-230 fallen, die von der Firma intertek gemäß VDE-AR-N 4105 zertifiziert wurden.

In dem Antragsformular zur Zusendung der externen Relais-Box SUN-MI-RELAY-01 nennt Deye nur die Nachfolgegeräte SUN-M60G3-EU-Q0, SUN-M70G3-EU-Q0 und SUN-M80G3-EU-Q0 als betroffen. Deren Baumuster hatte der TÜV Rheinland zertifiziert, die zum Testzeitpunkt offenbar ähnlich wie bei Intertek das für die VDE-AR-N 4105-Norm nötige Relais besaßen.

Auf Mitteilung dieser Hinweise an den TÜV Rheinland antwortete ein Sprecher, dass man derzeit noch prüfe, ob die von ihm getesteten Baureihen betroffen sind und welche Maßnahmen der Technische Überwachungsverein gegebenenfalls ergreifen wird.

Das Antragsformular für die externe Relais-Box, das der Deye-Support auf Anfrage zusendet, nennt auch Baureihenbezeichnungen konkret betroffener Geräte.

(Bild: Screenshot / dmk)

Laudeley betont im obigen Video, dass auch Mikrowechselrichter anderer Hersteller das Problem fehlender NA-Schutz-Relais aufweisen. Auch hier hätten Nutzer Geräte geöffnet und konnten das Norm-geforderte Relais nicht finden. Die betroffenen Hersteller respektive Marken nennt der Youtuber jedoch nicht. In einem früheren Video widerspricht er außerdem Deyes Angabe, dass nur Modelle mit 600, 700 oder 800 Watt Ausgangsleistung betroffen seien und zeigt die Platinen von Modellen mit 500, 1300 und 2000 Watt Ausgangsleistung, denen ebenfalls das Relais fehlt.

Deye hat sich bislang auch auf wiederholte Nachfragen nicht weiter zu dem Thema geäußert. Die Einschätzung des Herstellers, dass lediglich Geräte in Deutschland und Österreich betroffen seien, lässt sich kaum nachvollziehen. Selbst, wenn andere EU- und Partner-Staaten die VDE-AR-N 4105 im Rahmen der Harmonisierung ohne erforderliches NA-Schutz-Relais übernommen hätten, gibt es kein weiteres Zertifikat für diese anderen Staaten. Damit dürften die Geräte auch dort kein zur verkauften Serie passendes Zertifikat besitzen und der Betrieb unzulässig sein.

Die Lösung mit externer Relais-Box sieht etwa die Bundesnetzagentur (BNetzA) bislang kritisch. Auf Twitter meldet MachDeinenStrom.de, dass Deye die von der BNetzA geforderte Nachzertifizierung "bereits in wenigen Wochen" durchgeführt haben will.

Es besteht somit weiter Hoffnung, dass die Deye-Wechselrichter in absehbarer Zeit in einem rechtlich sichereren Rahmen einsetzbar sind. Bislang scheinen alle beteiligten Parteien an pragmatischen Lösungen interessiert zu sein. So liegen uns bislang auch noch keine Berichte von konkret ergangenen Betriebsverboten vor. Laudeley zufolge planen die Netzbetreiber zudem keine Kontrollen und schätzen die Gefahr als gering ein.

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(dmk)