Bonitätsdaten: Österreichischer Datendealer soll ins Gefängnis

Jahrelang hatte sich ein Datenhändler illegal Justizdaten verschafft. Er wurde nicht rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilt. Zudem sollen eineinhalb Millionen Euro Profit abgeschöpft werden.

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Jahrelang hatte Josef H. österreichische Justizbeamte dafür bezahlt, Daten aus dem IT-System der Justiz auszudrucken und ihm zu geben. H. hatte es auf Anträge auf Exekutionen (Pfändungen) abgesehen. Die darin enthaltenen Angaben verkaufte er als Bonitätsdaten weiter. Von 2002 bis 2010 verschaffte er sich so Informationen über zehntausende Unternehmen und Privatpersonen. Wie die Wiener Zeitung berichtet, wurde H. am Montag zu drei Jahren Haft, davon zwei Jahre auf Bewährung, verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Im Wiener Landesgericht für Strafsachen wurde der 69jährige Josef H. verurteilt.

(Bild: Wienwiki / Vindobohann CC-BY-SA 3.0 )

Der Angeklagte, bei dem außerdem 1,53 Millionen Euro an unrechtmäßiger Bereicherung abgeschöpft werden sollen, betonte bis zuletzt seine Unschuld. Er habe einen Gewerbeschein gehabt und sei daher berechtigt gewesen, die Daten zu beziehen. Dieser Argumentation konnten die Richter nichts abgewinnen. Weil H. aber inzwischen in den Ruhestand getreten ist, wurden zwei der drei Jahre Haft bedingt nachgesehen. Denn die Wiederholungsgefahr ist gering.

Bereits vergangenes Jahr waren zwölf Justizbeamte zu sechs bis 24 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Aus gesundheitlichen Gründen konnte H. erst jetzt vor Gericht gestellt werden. In einem separaten Verfahren muss sich H. wegen des Besitzes von Kinderpornografie verantworten.

H. betrieb sein Geschäft unter dem Markennamen Kreditinform. Seit 1986 ließ er offenbar systematisch gerichtliche Aushänge über Anträge auf Exekutionen (Pfändungsverfahren) abschreiben. Er handelte mit den Daten auch dann, wenn die Exekutionsanträge nicht begründet waren. Die Datensätze verkaufte er manchmal direkt, häufiger aber über den Zwischenhändler Deltavista an Unternehmen, die daraus die Kreditwürdigkeit potenzieller Kunden abzuleiten suchten. Da die Daten aber bisweilen mangelhaft oder veraltet waren, wurden immer wieder auch Zahlungskräftige ohne Begründung abgewiesen. Sie erhielten beispielsweise keinen Handyvertrag oder es wurde ihnen die Kreditkarte gesperrt.

Als die Aushänge bei Gericht zwecks Datenschutz abgeschafft wurden, ging H. dazu über, Gerichtsmitarbeiter zu bezahlen. Sie erhielten 1 bis 1,50 Euro pro Seite, die jeweils dutzende Datensätze enthalten konnte. Von 2002 bis zur Verhaftung H.s im Jahr 2010 sollen laut Anklage 170.000 Seiten ausgedruckt worden sein. Der fleißigste Justiz-Maulwurf kassierte 130.000 Euro. Die Arge Daten schätzt bis zu 700.000 Opfer.

H. selbst setzte mit den Daten knapp 4 Millionen Euro um, wovon der weitaus überwiegende Teil von Deltavista kam. Dieser heute unter anderem Namen tätige Datenhändler gibt an, die Datenquelle für legal erachtet zu haben. (ds)