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CES 2020: Cars, KI, 8K

Das Silvester-Feuerwerk ist kaum verraucht, da steht der erste Termin des Jahres an: Die Technik-Welt pilgert nach Las Vegas. Das ist von der CES zu erwarten.

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CES 2020: Cars, KI, 8K

Viva, Las Vegas! Zur CES sind die Hotels am Strip ausgebucht – auch die Heise-Crew steigt hier ab.

(Bild: heise online)

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Inhaltsverzeichnis

Offiziell eröffnet die CES am Dienstag, dem 7. Januar, mit einer Keynote des Ausrichters Consumer Technology Association (CTA). Doch eigentlich geht es schon am Sonntag los mit zahlreichen Veranstaltungen für die Medien. Am Montag folgen dann die Keynotes von Samsung-Chef Hyun-Suk Kim und Daimler-CEO Ola Källenius. Viel Aufmerksamkeit dürfte auch der Auftritt von Ivanka Trump bekommen, die am Dienstag mit CTA-Chef Gary Shapiro über die Zukunft der Arbeit sprechen will.

Bemerkenswert ist auch, dass Apple zum ersten Mal seit 1992 wieder offiziell auf der CES Flagge zeigt. Allerdings nicht in der Ausstellung, sondern im Konferenzprogramm: Apples Privacy-Chefin Jane Horvath wird mit anderen hochrangigen Managerinnen – darunter Facebooks Erin Egan – über Datenschutz und Privatsphäre sprechen. Am Mittwoch gehört die Bühne dann Meg Whitman (Ex-HP-CEO) und Produzent Jeffrey Katzenberg, die ihre neue Videoplattform Quibi vorstellen werden.

Zuvorderst ist die CES immer noch eine Messe der Unterhaltungselektronik. Die Branche zeigt hier neue Fernseher und Audiosysteme. Inzwischen sieht man auf der CES aber alles, was Strom braucht und irgendwie vernetzt ist. Handyhersteller zeigen hier traditionell ihre Produkte für den US-Markt, heben sich die ganz großen Neuheiten allerdings für den MWC im Februar auf. Immerhin: Der chinesische Hersteller OnePlus will auf der CES ein "Concept Phone" zeigen, hat mehr aber noch nicht verraten.

Huawei, das in Las Vegas gerne den großen Auftritt hingelegt hat, ist wegen der schwierigen politischen Situation in der Bredouille und lässt auf der CES seiner Tochtermarke den Vortritt, die voraussichtlich die internationale Variante des Honor V30 Pro zeigen wird – wohl ohne Googles Apps und Dienste. Allerdings zeichnet sich im Handelskrieg zwischen China und den USA eine Lösung ab, womit auch für Huawei und Google die Karten neu gemischt werden.

Wearables sind nach den Handys auch eine feste Größe auf der CES. Nachdem Apple große Erfolge damit feiern konnte, die Apple Watch als Medizinprodukt zu vermarkten, dürften andere Firmen nachziehen und in Las Vegas weitere Smartwatches präsentieren, die die Gesundheit des Nutzers stärker im Auge behalten.

Der Stand von LG ist immer sehenswert.

(Bild: heise online)

Bei Fernsehern hält der Trend zu größeren Displays mit höherer Pixeldichte an: 8K-Auflösung und Diagonalen von 80 Zoll aufwärts beherrschen auch in diesem Jahr die TV-Ausstellung. Vermutlich wird LG eine neue Variante des aufrollbaren TVs zeigen, das auf der CES 2019 debütierte. Aber natürlich soll das geschätzte CES-Publikum auch Neues zu sehen bekommen. So werden einige Hersteller neue Formfaktoren jenseits des herkömmlichen 16:9-Formats zeigen. Möglich macht das die LED-Technik: Winzige Leuchtdioden in vorgefertigten Modulen lassen sich zu fast beliebigen Größen und Auflösungen zusammensetzen.

Trotz aller Marketingmaßnahmen sind immer noch nicht besonders viele Nutzer davon überzeugt, dass 8K-Fernseher sichtbare Vorteile gegenüber 4K-Modellen bieten. Die Industrie wird daher auch auf der CES 2020 weiter alles daransetzen, den Kunden die Vorzüge weiter nahezubringen. Allerdings sind 8K-Displays auch nur die halbe Miete: Ebenso wichtig sind Schnittstellen, um Videos in dieser Auflösung einzuspeisen. Mit HDMI 2.1 ist eine entsprechende Spezifikation seit einiger Zeit fertig. Doch passende Zuspieler und Audio/Video-Receiver mit HDMI-2.1-Ports sind bislang Mangelware. Dies dürfte sich 2020 ändern.

Organische Schirme mit kleineren Diagonalen, wie sie seit geraumer Zeit von vielen Nutzern gefordert werden, lassen dagegen noch auf sich warten: LG Displays, aktuell einziger Hersteller von großen organischen Displays, wollte in diesem Jahr eigentlich auch OLEDs mit 48 Zoll Diagonale anbieten. Doch die Umstellung der ehemaligen LCD-Fab in eine OLED-Produktion bereitet Probleme. Es wird also noch ein bisschen dauern, bis OLED-TVs mit weniger als 55 Zoll Diagonale in den Handel kommen.

Stattdessen werden viele Hersteller auf der CES neue OLED-TVs mit mindestens 1,40 Meter Diagonale vorstellen. Sony zeigt gleich eine ganze Palette neuer Modelle und bietet einige Varianten an, bei denen der Sound dank kleiner Aktuatoren direkt aus dem Schirm kommt. Eigentlich wollte Samsung den OLEDs mit einer eigenen Technik dagegenhalten, doch die Fabrik für die Quantenpunkte-OLED-Kombis geht später als gedacht in Betrieb: Bislang gibt es nur Absichtserklärungen, aber noch keine Bestellung des Produktionsequipments, heißt es von Seiten der Maschinenhersteller.

Nun plant Samsung für die CES offenbar einen komplett rahmenlosen TV-Schirm. Das wäre eine konsequente Fortführung des bisherigen Designs: Sämtliche Signalanschlüsse hat der koreanische Hersteller längst in seine One-Connect-Box ausgelagert, die mit einem transparenten Kabel mit dem TV verbunden wird. Nun soll der Rahmen um das eigentliche Bild minimiert werden. Hierfür müssen die Treiberstufen und die internen Leitungsanschlüsse hinter das Panel verbannt werden, bislang sitzen sie am Rand. Die Konstruktion ist wegen der nötigen Durchkontaktierungen aufwendiger und damit teurer.

Die drei großen Notebook-Hersteller Dell, HP und Lenovo nutzen die CES traditionell, um ihre mobilen Flaggschiffe zu präsentieren. Dell hat bereits einige Tage vor Messebeginn die 2020er-Generation seines XPS 13 enthüllt. Bei HP sind ein neues Spectre 13 zu erwarten und bei Lenovo die überarbeiteten 14-Zöller der ThinkPad-X1-Serie. Acer, Asus, MSI & Co. sind freilich auch mit neuen Notebooks vor Ort.

Die wichtigen Komponentenhersteller Intel und AMD wollen ihre Pläne für 2020 vorstellen. Bei Intel könnte der bereits vor einem Jahr vorgestellte, aber immer noch nicht erhältliche Lakefield-Prozessor für besonders mobile Kleingeräte wie das Microsoft Surface Neo eine Rolle spielen.

AMD greift hingegen wohl am anderen Ende der Leistungsskala an: Der Ryzen 4000H wird gegen Intels Achtkern-CPUs für leistungsstarke Gaming- und Workstation-Notebooks antreten, zudem dürfte es Details zur Radeon RX 5600 XT geben – AMDs Veranstaltung kann man im Livestream verfolgen. Nvidia verzichtet auf eine CES-Pressekonferenz, wichtige Ankündigungen sind deshalb wohl nicht zu erwarten.

Der chinesische Hersteller Byton hat das Serienmodell des M-Byton auf der IAA vorgestellt und will auch auf der CES etwas zeigen.

(Bild: heise online/spo)

Was es mit Samsungs neuer KI Neon auf sich hat, über die seit Tagen Gerüchte im Netz kursieren, werden wir wohl erst auf der CES erfahren. Ernst nehmen kann man die großspurige Ankündigung auf alle Fälle: Ende 2018 hatte Samsung angekündigt, in drei Jahren 22 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung von Zukunftsthemen wie KI und 5G zu investieren. Außerdem haben sich die Koreaner viel Know-how eingekauft, unter anderem die Siri-Erfinder Dag Kittlaus und Adam Cheyer.

Dem Trendthema Künstliche Intelligenz wird man auf der CES ohnehin nicht entkommen. Dabei spielt auch die Branche eine zentrale Rolle, die sich in den vergangenen Jahren auf der CES breitgemacht hat. Für die Autoindustrie ist die ehemalige Fernseh- und Radiomesse längst ein fester Termin, um ihre technologischen Fortschritte bei elektrischen und selbstfahrenden Autos zu zeigen. Autobauer, Zulieferer und Zubehörhersteller bespielen inzwischen fast die ganze Nordhalle des Las Vegas Convention Centers.

Darüber hinaus wird die CES auch ihrem Ruf als Science-Fiction-Messe wieder alle Ehre machen: So will der koreanische Autohersteller Hyundai ganz ernsthaft ein Flugtaxi vorstellen. Das mit Spannung erwartete "Personal Air Vehicle" (PAV) ist allerdings bisher nur ein Konzept im Rahmen des Projekts "Urban Mobility Landscape", mit dem Hyundai den Wandel der Industrie und die eigene Verwandlung in einen Mobilitätsdienstleister angehen will.

Tops und Flops der CES 2019 (16 Bilder)

Top: OLED TV R von LG

Der schlanke Fernseher schiebt sich auf Knopfdruck aus dem Kasten – wahlweise komplett für Filme oder nur einen schmalen Streifen für News, Wetter oder sonstige Infos. (Ulrike Kuhlmann)

Immer noch ein Thema auf der CES, auch wenn der Hype vorbei ist: Augmented und Virtual Reality. Bislang gibt es noch keine wirklich alltagstauglichen AR-Brillen. Laut Microsoft wird das auch noch ein paar Jahre so bleiben: Die Hololens 2 ist technisch fortgeschritten und sehr beeindruckend, wird von Microsoft aber nur für den Einsatz in Industrie und Forschung vermarktet. Für den Alltag ist das Gerät offenbar noch zu schwer und unhandlich.

Das chinesische Unternehmen Nreal ist da deutlich optimistischer: Einen frühen Prototypen des "Nreal Light" hatten wir bereits auf der vergangenen CES ausprobiert, im Laufe des Jahres soll das fertige Headset für rund 500 Euro in den Handel kommen. Nreal vermarktet das Headset für den Heimgebrauch; Auf der CES zeigt der Hersteller die aktuelle Variante.

In Sachen Virtual Reality wird auf der CES voraussichtlich wenig Neues zu sehen geben: Die zweite Geräte-Generation (Oculus Rift S, Oculus Quest, Valve Index, HTC Vive Cosmos) ist bereits seit einigen Monaten im Handel. Interessanter ist das VR-Zubehör, zum Beispiel der Haptik-Anzug plus passenden Force-Feedback-Handschuhen von Teslasuit – letztere hat der Hersteller zur CES angekündigt.

Im ganzen Hype der CES gibt es auch immer wieder Produkte, die viel Aufmerksamkeit bekommen, aber dann doch nie beim Verbraucher ankommen. Prominentes Beispiel der jüngeren Vergangenheit: Faraday Future, eine Tochter des chinesischen Unternehmens LeEco, mit hochtrabenden Plänen für ein autonomes Auto. Inzwischen läuft in den USA ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gründers, die Bauarbeiten für die angekündigte Fabrik ruhen. Insofern passt es, dass die CES in Las Vegas ist, dieser Glitzermetropole der zerplatzten Träume. (vbr)