ChatGPT: Erster KI-Gottesdienst auf dem Kirchentag abgehalten

Im Rahmen des Kirchentags in Nürnberg wurde der erste von ChatGPT verfasste Gottesdienst durchgeführt. Überzeugt wurde wohl niemand, aber viel diskutiert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 74 Kommentare lesen
Bildschirm mit KI-Avatar in Kirche

(Bild: Kirchentag)

Lesezeit: 3 Min.

Auf dem am Wochenende zu Ende gegangenen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg gab es auch den ersten Gottesdienst, bei dem die vorgetragenen Texte von einem KI-Chatbot verfasst wurden. Organisiert hat den Jonas Simmerlein, aber die Inhalte stammten zu "rund 98 Prozent von der Maschine", wird der Theologe und KI-Künstler zitiert. Der hat ChatGPT laut der taz aufgefordert, "schreibe einen Gottesdienst für den Evangelischen Kirchentag in Nürnberg und Fürth, der das Motto 'Jetzt ist die Zeit' hat" und das Ergebnis "kaum redigiert". Die Anwesenden in der St. Paul-Kirche waren den Berichten zufolge zwar davon beeindruckt, was die KI könne, hätten den Gottesdienst aber "zu schnell und zu unpersönlich" gefunden und die "Fahrstuhlmusik" kritisiert.

Wie der Kirchentag zusammenfasst, wurde der am Freitagmorgen abgehaltene Gottesdienst nach einer Anmoderation durch einen Menschen 45 Minuten lang von Avataren bestritten, die auf eine Leinwand in der Kirche projiziert wurden. Mit monotoner Stimme haben die laut taz die generierten Texte vorgetragen. An einzelnen Passagen sei Gelächter ausgebrochen oder Raunen zu hören gewesen, heißt es vom Kirchentag, aber die Gottesdienst-Erfahrung sei "doch spürbar" gewesen. Teilweise seien die Anwesenden auch zur Teilnahme aufgestanden, die Abschnitte ging aber wohl jeweils so schnell vorbei, dass man gar nicht mitgekommen sei. Nach dem ungewöhnlichen Gottesdienst sei das Erlebte ausführlich besprochen und diskutiert worden, auch in einer Podiumsdiskussion.

Während die Philosophin Anna Puzio von einer "coolen Sache" gesprochen und darauf hingewiesen habe, dass der hier so oft gelobte normale Gottesdienst allgemein nicht so positiv gesehen werde, waren andere kritischer. "Die Kunst des Sprechens" gehe verloren, meinte etwa die Rundfunkbeauftragte der evangelisch-lutherischen Kirche Bayerns, der auch eine erkennbare Theologie in den generierten Aussagen fehlte. Simmerlein meinte laut taz noch, dass etwa Aussagen zur Gerechtigkeit besonders irritierten, wenn sie von einer KI kommen. Einen Ersatz für Menschen sieht den Zusammenfassungen zufolge niemand in der Technik. Simmerlein spricht demnach von einem Kunstprojekt, meint aber auch, dass in anderen Ländern bereits mit KI-Gottesdiensten gearbeitet werde.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine Vimeo-Video (Vimeo LLC) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Vimeo LLC) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag ist am Sonntag nach fünf Tagen in Nürnberg und der Nachbarstadt Fürth zu Ende gegangen. Insgesamt wurden den Verantwortlichen zufolge 70.000 Tickets verkauft, der KI-Gottesdienst war nur eine von rund 2000 Veranstaltungen. Dass ChatGPT auch bei dieser Veranstaltung nicht fehlte, unterstreicht, wie weit das Thema Künstliche Intelligenz bereits in der Gesellschaft angekommen ist, obwohl der Chatbot gerade einmal vor einem halben Jahr veröffentlicht wurde. Zuletzt wurde vor allem vor den Gefahren der Technologie gewarnt, immer wieder auch von denen, die sie weiterentwickeln.

(mho)