Comeback des Routerzwangs? Streit über Netzabschlusspunkt bei Glasfaser

Netzbetreiber fordern, dass die garantierte freie Routerwahl bei Glasfasernetzen erst nach ihrem Modem beginnt. Verbraucherschützer sind alarmiert.​

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Glasfaseranschluss der Deutschen Telekom.

Netzabschlusspunkt der Telekom, daneben ein handelsüblicher WLAN-Router.

(Bild: heise online)

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Wo fängt die hierzulande seit 2016 im Telekommunikationsgesetz (TKG) verankerte Router- und Endgerätefreiheit bei Glasfaser-Anschlüssen an, die in der Bundesrepublik meist kostensparend als sogenanntes Gigabit Passive Optical Network (GPON) realisiert werden? Diese Frage entzweit hierzulande zunehmend Netzbetreiber auf der einen und Verbraucherschützer sowie Telekommunikations-Endgerätehersteller auf der anderen Seite. Nun soll die Bundesnetzagentur entscheiden, ob es bei direkten Glasfaseranschlüssen faktisch wieder zu einem Routerzwang kommen könnte.

Die Breitband-Branchenverbände Anga, Buglas, Breko, VKU und VATM haben bei der Regulierungsbehörde eine Verfügung beantragt, "dass in passiven optischen Netzen (PON) der Netzabschluss" erst nach einem in der Regel bereits installierten Glasfasermodem des Betreibers liegt. Kunden könnten dann ihren eigenen Glasfaser-WLAN-Router nicht direkt an der Anschlussdose anschließen. Im Mai hat die Free Software Foundation Europe (FSFE) gewarnt, dass Internet Provider in der ganzen EU versuchen, die Routerfreiheit zu umgehen.

Das TKG besagt, dass das Netz eines Zugangsanbieters schon an der Anschlussdose endet und der Kunde an dieser ein Gerät seiner Wahl anschließen kann. Das halten die fünf Verbände bei PON aber nicht für angebracht. Dort sei bereits aus rechtlichen Gründen klar, dass der Netzabschlusspunkt nur an der Ethernet-Schnittstelle des Optical Network Termination (ONT) – also dem "Glasfasermodem" – liegen könne. Die Vertreter der Netzbetreiber begründen dies unter anderem damit, "dass eine Adressierung des Endkunden erst im ONT möglich ist und nicht vorgelagert erfolgen kann". Zudem warnen sie vor Störungen und Sicherheitsproblemen.

Nach Informationen aus den Unternehmen dürften bei den meisten Netzbetreibern derzeit lediglich etwa 0,1 Prozent der Kunden ein eigenes ONT betreiben wollen, heißt es von den Verbänden weiter. Von diesen wiederum nutzen nahezu alle ein Modem, das "ihm auch von seinem Netzbetreiber zur Verfügung gestellt werden könnte, da diese auf dem Markt am ehesten erhältlich sind und in der Regel eine gewisse Kundenreputation besitzen". Deshalb käme es in der Praxis auch kaum zu den befürchteten Schwierigkeiten. Dies ändere sich, wenn Kunden sich vermehrt "fragwürdige Geräte" besorgten.

Die sehr überschaubare Zahl der Nutzer, die ein eigenes Modem oder einen eigenen Router direkt an die Glasfaser anschließen, erklärt Sven Knapp, Leiter des Breko-Hauptstadtbüros, gegenüber heise online auch damit, "dass die Internetanbieter jedem Haushalt beim Anschluss ans Glasfasernetz einen ONT zur Verfügung stellen". Ferner sei das Angebot im Handel erhältlicher Glasfaserrouter nicht sehr umfangreich.

Nicht zuletzt ergebe ein solches Gerät wenig Sinn, meint Knapp: "Die Glasfaser endet in Einfamilienhäusern typischerweise im Keller – ein denkbar ungünstiger Standort für den WLAN-Router". Trotzdem sei das Problem inkompatibler Geräte "für einen zuverlässigen Netzbetrieb durchaus erheblich, da diese bei GPON-Netzen nicht nur den eigenen, sondern typischerweise auch bis zu 63 weitere Anschlüsse stören." Auf einer Karte befinden sich in der Regel 64 Ports.

Michael Gundall, Medientechniker bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, verwies dagegen jüngst gegenüber dem Fachdienst Teltarif darauf, dass moderne Glasfaserrouter das nötige ONT beinhalten: "Warum sollte man zwei Geräte (Modem und Router) nutzen, wenn ein platzsparendes Kombigerät ausreicht, das mit einer Steckdose auskommt?"

Zudem verbrauche ein solcher integrierter Router wesentlich weniger Energie als zwei getrennte Geräte. Verbraucher hätten ferner steigendes Interesse, ihren Netzabschluss selbst zu konfigurieren, um etwa Gast-Zugänge einzurichten oder Smart-Home-Anwendungen einzubinden. Technisch gesehen gebe es keine Gründe, die gegen einen eigenen Glasfaser-Router sprächen.

(vbr)