Studie: "Spotify für den Journalismus" könnte Umsätze und Reichweite erhöhen

Wenn Inhalte deutscher Medien gebündelt gegen Bezahlung abrufbar wären, würden sie mehr Umsatz bringen. Steigen würden laut Studie auch Reichweite und Vielfalt.

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Hand auf Smartphone, die durch Text scrollt.

(Bild: Bits And Splits/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Eine Art "Spotify für den Journalismus" könnte in Deutschland für höhere Umsätze bei den Medien, mehr publizistische Vielfalt und eine viel größere Reichweite einzelner sorgen. Zu diesem Schluss kommen vier Experten im Rahmen einer Studie für die Landesanstalt für Medien NRW. Dafür wurden unter anderem zwei Online-Umfragen mit insgesamt 8000 Teilnehmenden durchgeführt und mehrere mögliche Modelle für solch ein Angebot durchgerechnet. Demnach hätte eine anbieterübergreifende Plattform für journalistische Inhalte das Potenzial, die mit dem Digitalvertrieb erzielten Umsätze "maßgeblich zu steigern". Optimal wäre demnach ein Preis von 9,95 Euro im Monat. Die Autoren sprechen von einem Ansatz, "bei dem potenziell alle gewinnen können".

Eine Flatrate für journalistische Inhalte wird schon seit Jahren diskutiert. Dass sich die Menschen hierzulande ein gebündeltes Angebot wie bei Spotify (Musik) oder Netflix (Serien und Filme) wünschen, haben zwei der vier diesmal ebenfalls eingespannten Forscher für die Medienanstalt bereits 2019 herausgefunden. Jetzt hat die Gruppe um Christian Wellbrock von der Hamburg Media School untersucht, was solch eine Plattform enthalten sollte und wie sie sich auf die bestehenden Umsätze der Verlage auswirken würde. Dabei ist herausgekommen, dass eine solche Plattform zwar "keine Vervielfachung der Umsätze" nach sich ziehen würde, aber durch die möglichen Kostensenkungen und die größere Reichweite seien durchaus Steigerungen zu erwarten.

Wenig überraschend haben die Forscher herausgefunden, dass der Preis das zentrale Argument ist – "je niedriger, desto besser". Auch das Format solch einer Plattform sei aber wichtig, am meisten werde eine Kombination aus Website, App und E-Paper geschätzt. Präferiert würde auch ein Angebot, das "alle überregionalen Zeitungen, Magazine und alle Regionalzeitungen" umfasst. Auf dem zweiten Platz rangiert die Bündelung einer überregionalen Zeitung (mit Magazin) plus einer Regionalzeitung. Von untergeordneter Bedeutung ist demnach für die Menschen, wie sie darauf zugreifen – also über eine gemeinsame App oder eine Login-Allianz.

In der Studie verweisen die Forscher darauf, dass mit der gegenwärtigen Hinwendung der deutschen Verlage zu Paid-Content-Modellen eine "potenziell riskante Entwicklungsdynamik" in Gang gesetzt werden könnte. Aus den USA sei bekannt, dass die wachsende Verbreitung von Paywalls immer mehr Menschen vom Nachrichtenkonsum ausschließe, in der Folge könne die Vielfalt sinken. Es bestehe die Gefahr, dass sich Verlage auf die lukrativsten Zielgruppen ausrichten. Mit einem "Spotify für den Journalismus" könnten breitere Bevölkerungsschichten angesprochen werden, darunter auch bislang unterversorgte, wie etwa die Jugend. Die Verlage würden kooperieren und gleichzeitig in den Wettbewerb treten, die Autoren sprechen von "Coopetition" aus "Cooperation" und "Competition".

Für aktuelle Debatten über die finanzielle Förderung von Journalismus schließen die Autoren aus ihrem Befund, dass die aktuell geforderte, an die Druckauflage gebundene Subventionierung nur wenig effizient wäre. Stattdessen würden die Ergebnisse aus medienökonomischer Sicht dafür sprechen, Innovationen zu fördern, also etwa die beschriebene journalistische Sammelplattform. Damit könnten deutlich höhere und wirksamere Hebeleffekte erzielt werden. Vorstellbar sei es auch, die Nachfrage nach journalistischen Abos mit Subventionen zu stärken. Insgesamt könnten vor allem die bisher wenig angesprochenen Zielgruppen so um 30 bis 40 Prozent vergrößert werden. Das Whitepaper zur Studie ist online abrufbar.

(mho)