Telekom Austria: Skandal erreicht Regierungskreise

Es wurde bereits bekannt, dass Geld aus den Kassen von Telekom Austria auch an österreichische Politiker und parteinahe Organisationen von SPÖ, ÖVP und FPÖ geflossen ist. Nun erreicht der Skandal um den teilstaatlichen Konzern höchste Regierungskreise.

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Es wurde bereits bekannt, dass Geld aus den Kassen von A1 (Telekom Austria) auch an österreichische Politiker und parteinahe Organisationen von SPÖ, ÖVP und FPÖ geflossen ist. Nun erreicht der Skandal um den teilstaatlichen Konzern höchste Regierungskreise.

Der ehemalige Verkehrsminister Hubert Gorbach (FPÖ, dann BZÖ) und seine Partei BZÖ stehen laut einem Bericht von News unter Verdacht, für eine A1-freundliche Verordnung mehr als 750.000 Euro erhalten zu haben. Gorbach bestreitet die Vorwürfe.

Auch Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) ist wieder in den Schlagzeilen. Sein Amt als Abgeordneter zum EU-Parlament hatte er im März aufgeben müssen: Er hatte für 100.000 Euro je Kunde und Jahr Änderungsanträge im EU-Parlament angeboten ("Of course I'm a lobbyist"). Strasser war auch Verhandlungsführer beim Swift-Abkommen der EU mit den USA. Nun wird seine Neuvergabe des Auftrags zur Errichtung eines TETRA-Funk-Netzes für die österreichischen Sicherheits-Organisationen aus dem Jahr 2004 neu untersucht.

Strasser war damals Innenminister. Er entzog dem bereits in Testbetrieb befindlichen mastertalk-Netz den Auftrag. Den neuen Auftrag erteilte er für 140 Millionen Euro zuzüglich 33 Millionen pro Betriebsjahr einem Konsortium um Alcatel und Motorola (heute Tetron). Dieses Konsortium genoss die Unterstützung von A1 – der Ex-Monopolist hatte Aussicht auf lukrative Verträge und konnte Konkurrenten ausbooten. Das könnte, berichtet News, der A1 1,1 Millionen Euro wert gewesen sein. Diesen Betrag hat A1 an den als Waffenlobbyisten bekannten Alfons Mensdorff-Pouilly, Ehemann der ÖVP-Spitzenpolitikerin Maria Rauch-Kallat, überwiesen. Die Gegenleistung ist unklar – es soll Hinweise geben, wonach diese Zahlung in Zusammenhang mit der Neuvergabe des TETRA-Auftrags durch Innenminister Ernst Strasser steht.

Strassers Ministerium zahlte seinerseits mehr als eine Million Euro an verschiedene Berater und Consulenten. Der ursprüngliche Auftragnehmer "mastertalk", an dem A1-Konkurrenten beteiligt waren, verklagte die Republik und erhielt nach langen Verfahren im Zuge eines Vergleichs 30 Millionen Euro
Abschlagszahlung.

An anderer Front hatte A1 jahrelang versucht, eine Zusatzgebühr für Telefonate von Telefonzellen zu 08x0-Rufnummer zu kassieren. Ein Bescheid der Regulierungsbehörde TKK zur Einführung dieser so genannten Payphone Access Charge (PAC) war vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) als rechtswidrig erkannt und aufgehoben worden. Schließlich änderte der für Telecom-Agenden zuständige Verkehrsminister Gorbach kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt die Universaldienstverordnung. Seither muss A1 keine Verbindungen zu 0800-Nummern mehr herstellen und kann daher die PAC verlangen.

Diese Zusatzgebühr zum normalen Tarif müssen die Inhaber von 0800-Anschlüssen bezahlen, wenn sie aus Telefonzellen gratis erreichbar sein möchten. Sie beträgt ein Vielfaches der Gewinnspanne von Wertkarten-Anbietern für günstige Auslandstelefonate. Seit Einführung der PAC ist der österreichische Markt für diese Angebote praktisch tot und A1 lästigen Mitbewerb los. Andere Inhaber von 08x0-Nummern dürften seither zusätzliche Millionen an A1 bezahlt haben. Die aktuelle Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) lässt nun die Universaldienstverordnung überprüfen.

Von den 25 Millionen Euro die A1 an ihre Lobbyisten Peter Hochegger bezahlt hat, sollen in der Folge insgesamt 264.000 Euro an Gobrachs Firma geflossen sein. Kurz vor Gorbachs Ausscheiden aus der Regierung sollen weitere 600.000 Euro von A1 an die Projektentwicklung Werbeagentur Schmied GmbH und nach Abzug der Umsatzsteuer von dort weiter zum BZÖ geflossen sein. In einer Anfragebeantwortung im österreichischen Parlament hatte Gorbach jeden Zusammenhang in Abrede gestellt. (jk)