US-Wettbewerbsklagen gegen Facebook vorerst zurückgewiesen

Facebook verbucht einen großen Erfolg vor Gericht: Zwei große Klagen, die zur Zerschlagung des Datenkonzerns hätten führen können, werden eingestellt.

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Facebook-Daumen

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
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Facebook wird nicht zerschlagen. Ein US-Bundesgericht weist zwei große Wettbewerbsklagen gegen den Konzern zurück, bevor es überhaupt zur Gerichtssaalphase gekommen ist. Geklagt hatten die US-Handelsaufsicht FTC einerseits, und fast alle US-Bundesstaaten andererseits. Ihr juristisches Problem: Sie haben Facebook zu lange gewähren lassen und damit die Chance, dem Konzern Einhalt zu gebieten, vertan. Die Klage der FTC krankt stattdessen daran, dass sie Facebooks Marktanteil nicht erklärt.

In beiden Fällen können die Kläger gegen die Zurückweisung berufen. Die FTC hat außerdem die Möglichkeit, eine verbesserte Version ihrer Klage neu einzubringen. Dabei hilft, dass die am Montag ergangene Entscheidung zumindest einige juristische Problembereiche offenlegt.

Die Behörde wirft Facebook vor, jahrelang in rechtswidriger Weise den Wettbewerb behindert zu haben. Facebook habe Instagram und WhatsApp gekauft, weil sie Facebooks Vorherrschaft zu gefährden drohten. Außerdem habe Facebook seine Vormachtstellung dazu missbraucht, andere Online-Dienste einzuschränken. Das sei ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz Sherman Act.

Die FTC-Klage vom 9. Dezember 2020 stellt Facebook als Monopol im US-Markt für persönliche Soziale Netzwerke dar. Dieses Monopol erhalte sich Facebook nicht durch bessere Leistungen im Wettbewerb, sondern durch rechtswidrige Übernahmen sowie Aufstellung eigener Regeln. Die Klageschrift stützt sich vor allem auf interne E-Mails und Mitteilungen Mark Zuckerbergs, anderer Facebook-Manager sowie einfacher Mitarbeiter.

Eine zweite Klage wurde am selben Tag von fast allen US-Staaten und den Territorien District of Columbia und Guam eingebracht. Sie stößt im Wesentlichen in das gleiche Horn und moniert zusätzlich einen Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz Clayton Act.

Viel zu spät komme die Klage der US-Staaten, stellt das zuständige US-Bundesgericht für den Hauptstadtbezirk District of Columbia in seiner Zurückweisung fest. Facebook hat Instagram 2012 übernommen. 2014 hat Facebook WhatsApp gekauft. Da die Klage erst 2020 erhoben wurde, hätten die Staaten ihre Rechte durch Versäumnis der Geltendmachung verwirkt (doctrine of laches).

Außerdem haben die Staaten in ihrer Klage Facebook vorgeworfen, eine interne Richtlinie gegen Interoperabilität mit konkurrierenden Apps aufgestellt zu haben. Eine solche Richtlinie sei gar nicht rechtswidrig, weshalb der Vorwurf ins Leere laufe, meint der Richter. Möglich sei, dass die Umsetzung dieser internen Richtlinie rechtswidrig sei. Das prüft das Gericht aufgrund der zu späten Klageeinbringung aber nicht.

Gegen Bundesbehörden kann die Verwirkungseinrede aufgrund zu später Klageeinbringung nach US-Recht nicht erhoben werden. Dennoch weist das Gericht die Klage ab, erlaubt der FTC aber ausdrücklich, eine verbesserte Klage neu einzubringen.

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Erste Hürde dafür wäre, dass die FTC erklären muss, wie sie Facebooks Marktanteil bestimmt und wie sich dieser über die Jahre hinweg entwickelt hat. In der Originalklage hat die FTC lediglich behauptet, Facebook habe "über 60 Prozent" Marktanteil in den USA, ohne das näher auszuführen. Das reichte dem Richter nicht. Er möchte zudem wissen, welche Hürden Nutzer vom Wechsel von einem Sozialen Netzwerk zu einem anderen abhalten.

Wie schon bei der Klage der US-Staaten bemängelt das Gericht auch bei der FTC-Klage, dass nicht Facebooks interne Richtlinien, sondern die Umsetzung solcher Richtlinien rechtswidrig sein könnten.

In einem juristischen Punkt muss Facebook allerdings eine Niederlage einstecken: Facebook hatte seinen Antrag auf Einstellung der US-Wettbewerbsklagen unter anderem damit begründet, dass die FTC seinerzeit die Übernahmen Instagrams und WhatsApps zugelassen hat. Die Behörde dürfe aber nur aktuellen Rechtsverletzungen entgegentreten. Es sei der FTC nicht gestattet, ihre eigenen früheren Entscheidungen über ein Gerichtsverfahren zu korrigieren.

Nein, sagt das Gericht: Nach Auslegung des US Supreme Court sei eine Übernahme im Sinne des einschlägigen Rechts kein einmaliger, abgeschlossener Akt, sondern ein Dauerzustand. Eine Übernahme verschaffe dem Übernehmer gewisse Rechte. Solange er diese Rechte noch habe, können Bundesbehörden auch dagegen vorgehen. Eine verbesserte Klageschrift der FTC wäre also nicht grundsätzlich unzulässig.

Die Klagen heißen State of New York et. al. v. Facebook sowie Federal Trade Commission v. Facebook und sind am US-Bundesbezirksgericht für den District of Columbia unter den Az. 1:20-cv-03589 respektive 1:20-cv-03590 anhängig.

(ds)