Übernahmepoker mit GE: Siemens hakt Alstom ab

Siemens zeigte "Verständnis für die nationalen Interessen der französischen Regierung zur Neuordnung von Alstom". Die IG Metall meint, nach dem Ende des Pokers um Alstom könne sich Siemens ja endlich wieder auf den Konzernumbau konzentrieren.

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  • dpa
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Im Übernahmepoker um den Alstom-Konzern hat sich Paris am Freitag für das US-Angebot von General Electric (GE) und damit gegen die gemeinsame Offerte von Siemens und Mitsubishi Heavy Industries (MHI) ausgesprochen. Gleichzeitig will der Staat mit 20 Prozent größter Aktionär bei Alstom werden. Werde Frankreichs Einstieg bei Alstom nicht akzeptiert, werde die Regierung das GE-Angebot blockieren, sagte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg. Die Regierung hatte im Lauf der Verhandlungen für sich ein Veto-Recht bei Übernahmen verankert.

Mitte der Woche zeigten sich Shunichi Miyanaga, CEO Mitsubishi Heavy Industries, Joe Kaeser, Chef von Siemens und Frederick Jeske-Schönhoven von Siemens Frankreich (v.l.n.r.) noch zuversichtlich, bei Alstom zum Zuge zu kommen

(Bild: Siemens)

Die endgültige Haltung Frankreichs im Alstom-Deal hängt aber nach Angaben von Präsident François Hollande von einer Einigung mit dem Alstom-Großaktionär Bouygues ab. Nach Angaben des Staatschefs wird derzeit über den Preis der Anteile verhandelt. Frankreich will zwei Drittel der Bouygues-Anteile an Alstom übernehmen, um auf einen Anteil von 20 Prozent an dem Konzern zu kommen.

Nach unbestätigten Informationen will Frankreich 28 Euro pro Aktie bezahlen, den Wert bei Handelsschluss am Freitag. Damit müsste Paris über 1,7 Milliarden Euro auf den Tisch legen. Bouygues soll aber 35 Euro pro Stück verlangen, dann kämen bereits über 2,1 Milliarden Euro als Kaufsumme für den 20-Prozent-Anteil auf den Staatshaushalt zu.

Siemens und Mitsubishi Heavy Industries haken nach ihrer Niederlage im Übernahmekampf das Kapitel Alstom ab. MHI bedauerte in einer Stellungnahme die Entscheidung der französischen Regierung. Mitsubishi wolle jedoch auch weiterhin seine Beziehungen zu Frankreich und französischen Industriepartnern in der Zukunft entwickeln, erklärte der japanische Mischkonzern.

Bereits am späten Freitagabend hatte Siemens "Verständnis für die nationalen Interessen der französischen Regierung zur Neuordnung von Alstom" geäußert. Aus Sicht der IG Metall sollte der Elektrokonzern nun nach vorne schauen und sich auf seine Hausaufgaben konzentrieren. "Siemens hat die wirtschaftliche und finanzielle Kraft und eine qualifizierte und motivierte Belegschaft, um zuversichtlich in die Zukunft zu gehen", erklärte die Gewerkschaft.

Nun könne Siemens alle Energie auf den anstehenden Konzernumbau verwenden, meint die IG Metall. Dazu gehöre auch, Geschäfte, die nicht rund laufen, selbst wieder in Ordnung zu bringen und den Heimatmarkt Deutschland zu stärken. "Nun kann sich Siemens voll und ganz auf die eigene Stärke konzentrieren und hat die Chance, Wachstumskräfte zu generieren." Siemens-Chef Joe Kaeser will das Unternehmen mit seinen weltweit gut 360.000 Beschäftigten durch den Umbau schlanker und wettbewerbsfähiger machen und auf vielversprechende Geschäftsfelder wie Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung ausrichten.

Das Tandem aus Siemens und MHI hatte noch Freitag früh sein Alstom-Angebot aufgebessert. Dabei hatten die Partner den Bar-Anteil ihrer Offerte erhöht und die Gesamtbewertung des Energiegeschäfts von Alstom nach eigenen Angaben auf insgesamt 14,6 Milliarden Euro angehoben. Während Siemens nur die Gasturbinen der Franzosen schlucken wollte, plante MHI eine Beteiligung an Alstom sowie Joint-Ventures in mehreren Geschäftsbereichen des Industriekonzerns.

Den Zuschlag haben nun die Amerikaner erhalten, die das Alstom-Energiegeschäft mit 12,35 Milliarden Euro bewerteten und zuletzt auch die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen anboten. Dabei will der Staat mit 20 Prozent größter Aktionär bei Alstom werden. Wie GE zu dieser Bedingung steht, war zunächst unklar. Am Freitagabend beriet dem Vernehmen nach auch der Verwaltungsrat von Alstom, ein Ergebnis wurde allerdings zunächst nicht bekannt.

Der Entscheidung der französischen Regierung war ein wochenlanges Bietergefecht vorausgegangen, das sich in den vergangenen Tagen zuspitzte. Gleich zu Beginn hatte sich der Alstom-Verwaltungsrat hinter die Offerte von GE gestellt. Die französische Regierung, die sich erst vor wenigen Wochen ein Veto-Recht bei Übernahmen sicherte, favorisierte dagegen lange Zeit eine europäische Lösung. Die Absage an Siemens hatte Frankreichs Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg dann mit Beschränkungen des europäischen Kartellrechts begründet. (jk)