Varjo XR-4 angekündigt: Luxus-Headsets imitieren menschliches Sehen

Varjos XR-4-Headsets sollen Mixed Reality auf ein neues Level bringen – mit höherer Auflösung als Apples Vision Pro und einem Autofokus-Modell.

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(Bild: Varjo)

Lesezeit: 5 Min.

Varjos kostspielige VR-Brillen wie die XR-3 oder Aero sind wegen ihrer hohen Auflösung vor allem bei Piloten, Simulationsfans und Designern beliebt. Die XR-4-Serie, die seit Montag, dem 27. November, erhältlich ist, soll die Video-Durchsicht weiter verbessern. In allen drei verfügbaren Modellen arbeiten Mini-LED-Displays mit 3840 mal 3744 Bildpunkten pro Auge bei 90 Hertz. Sie beherrschen auch Local Dimming für kontrastreiche HDR-Darstellung mit bis zu 200 Nits. Die insgesamt rund 28 Millionen Pixel schlagen sogar die von Apple genannten 23 Millionen Pixel der Apple Vision Pro.

Ein Schnäppchen sind die Headsets nach wie vor nicht. Das Standardmodell XR-4 ist ab 3.990 Euro zu haben. Die Focal Edition mit blickgesteuerten Autofokuskameras gibt es ab 10.000 Euro und die Secure Edition für besondere Sicherheitsanforderungen ab 14.000 Euro. Anders als Apple richtet sich Varjo zunächst wieder ausschließlich an Geschäftskunden. Entsprechend konzentriert sich das Software-Ökosystem auf professionelle Anwendungen wie die Unreal Engine sowie die Kompatibilität zu Nvidia Omniverse. Ob es später auch wieder ein günstigeres Consumer-Modell wie die Varjo Aero geben wird, ist derzeit unklar.

Die kabelgebundenen XR-4-Headsets nehmen ganz klassisch per DisplayPort und USB-C Kontakt zum PC auf, ein eigenständiger Betrieb ist nicht vorgesehen. Neben dem Inside-Out-Tracking der Headset-Kameras unterstützen sie auch Optitrack sowie externes Steam-VR-Tracking (optionales Add-on für 1000 Euro).

Ein Schwerpunkt bei der Entwicklung war die Verbesserung des Mixed-Reality-Erlebnisses. Alle drei Modelle verfügen über Passthrough-Kameras (20 Megapixel), einen LiDAR-Tiefensensor mit der achtfachen Auflösung des Vorgängers (300.000 Pixel, sieben Meter Reichweite) und Eyetracking (bei 200 Hertz). Damit wird eine farbige, hochauflösende Sicht auf die Außenwelt möglich, die mit Computergrafiken angereichert wird. Nutzer der Meta Quest 3 kennen diesen Effekt von AR-Apps, in denen beispielsweise virtuelle Monster durch das reale Wohnzimmer springen. Mit einer Auflösung von 33 PPD (Pixels Per Degree) sollten Varjos neue Headsets das Pixelraster allerdings komplett verschwinden lassen, auch beim Blick in die Außenwelt.

Die drei Editionen der Varjo XR-4 im Vergleich.

(Bild: Varjo)

Bei der Focal Edition sind es im anvisierten Passthrough-Bereich sogar 51 PPD. Sie nutzt zusätzlich einen blickgesteuerten Autofokus. Ein dynamischer Schärfentiefeeffekt stellt immer den Bildausschnitt scharf, in den der Benutzer gerade blickt, was laut Varjo dem natürlichen Sehen sehr nahe kommt. "Der Fokus wird schneller verschoben als bei einer Sakkade, der natürlichen schnellen Augenbewegung von einer Entfernung zur anderen", erklärt Chief Product Officer Patrick Wyatt, "spezielle Kameras für die Rekonstruktion der Umgebungsbeleuchtung tragen weiter zur realistischen Verbindung von physischer und virtueller Welt bei."

Dies ist besonders nützlich für die Pilotenausbildung und ähnliche Simulatoren, bei denen der Benutzer auf eine leere, mit Computergrafik ergänzte Instrumententafel schaut. Zu den Kunden von Varjo gehören Lockheed Martin, Saab, Bohemia Interactive Simulations, Boeing, die U.S. Air Force und die U.S. Army.

Auch die eigens entwickelten, asphärischen Linsen sollen zur klaren Sicht beitragen und eine höhere Pixeldichte in der Bildmitte bei einem vergrößerten Sichtfeld von 120 mal 105 Grad sichtbar machen. Varjo verspricht eine Minimierung von Blendeffekten, gleißenden "God Ray"-Strahlen, Geisterbildern, chromatischen Aberrationen (Farbverschiebungen) und Verzerrungen am Bildrand. Die Konstrukteure haben sich also bewusst gegen die im Trend liegenden, dünnen Pancake-Linsen entschieden, die zwar schmale Gehäuse ermöglichen, dafür aber viel Licht "schlucken" und daher sehr helle Displays erfordern.

Im Vergleich zu aktuellen Consumer-Headsets wirkt die XR-4 mit 1021 Gramm relativ groß. Die schlanke Quest 3 mit dünnem Standardkopfband wiegt nur 515 Gramm, die wuchtige High-End-VR-Brille Pimax Crystal (Auflösung: 2880 x 2880 Pixel pro Auge) rund 1200 Gramm. Eine ausgewogene Balance soll das Gewicht immerhin angenehm verteilen.

Zur weiteren Ausstattung gehören zwei geräuschunterdrückende Mikrofone, zwei integrierte Kopfhörer und ein 3,5-Millimeter-Kopfhöreranschluss. Die mitgelieferten Controller hat Varjo in Zusammenarbeit mit dem Zubehörhersteller Razer entwickelt. Alternativ unterstützt das Headset auch Handtracking. Unternehmen können die XR-4, die XR-4 Focal Edition und die XR-4 Secure Edition ab sofort bestellen. Varjo plant, die ersten Geräte im Dezember auszuliefern. Die Focal Edition lässt sich zudem bereits vom 27. November bis 1. Dezember auf der Simulatorenmesse I/ITSEC in Orlando ausprobieren.

(jpw)