Wirtschaft zur E-Rechnung: Im Prinzip toll, aber können wir mehr Zeit haben?​

Bereits nächstes Jahr müssen deutsche Firmen strukturierte elektronische Rechnungen empfangen können. Wirtschaftsverbände halten das für zu knapp.

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Person sitzt am Rechner und betrachtet eine digitale Rechnung.

(Bild: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

2025 beginnt für die Unternehmen die erste Phase der E-Rechnungspflicht – doch Wirtschaftsverbände hegen starke Sorgen, dass insbesondere die kleineren Firmen nicht hinterherkommen. "Eine allgemeine, verpflichtende Empfangsbereitschaft von E-Rechnungen zum Jahresbeginn 2025 ist unseres Erachtens nicht darstellbar, insbesondere so lange kein staatliches E-Rechnungstool zur Verfügung steht", sagte etwa Jens Gewinnus, Steuerexperte bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) der iX-Redaktion.

An der Frist für die Empfangspflicht stört man sich auch beim Zentralverband des Handwerks (ZDH) und pocht ebenfalls auf eine Softwarelösung vom Staat. Der ZDH verweist auf das Protokoll zum Beschluss des Wachstumschancengesetzes, in dem der Bundestag die Bundesregierung auffordert, zum 1.01.2025 eine entsprechende Software für alle Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Das Bundesfinanzministerium erklärte dazu auf Anfrage der iX-Redaktion, dass man noch prüfe, in welcher Form ein solches Angebot bereitgestellt werden könnte.

Das Gesetz sieht vor, dass alle Firmen im innerdeutschen Geschäftsverkehr ab 2025 strukturierte E-Rechnungen in drei Formaten annehmen müssen. Die Formate sind die zwei XML-Formate Cross Industry Invoice (CII) und Universal Business Language (UBL) sowie das hybride Format Factur-X/ZUGFeRD. Ab 2027 beginnt gestaffelt die Pflicht für die Firmen, in einem solchen Format Rechnungen zu versenden. Spätestens 2028 dürfen dann auch kleine Unternehmen nur noch elektronische Rechnungen an ihre Geschäftspartner senden. Die Pflicht bezieht sich nur auf Rechnungen zwischen Firmen, den sogenannten B2B-Bereich, in Deutschland. Rechnungen an Privatkunden oder ins Ausland sind nicht betroffen.

Problematisch sei auch, dass auf EU-Ebene derzeit noch die Norm des Behördenrechnungsstandards EN16931 überarbeitet werde, führte Gewinnus von der DIHK aus. Aus der ergeben sich die XML-Formate CII und UBL einer E-Rechnung. Gewinnus Einschätzung nach kann es noch bis mindestens zur zweiten Hälfte des nächsten Jahres dauern, bis die Änderungen dann auch in Software gegossen seien. "Zum 1.1.2025 wird deshalb noch keine für den B2B-Rechnungsaustausch praxistaugliche E-Rechnungssoftware zur Verfügung stehen", so seine Folgerung. Hinzu komme dann noch die Zeit zur Implementierung bei Firmen und Softwaredienstleistern. Den Unternehmen sollte deshalb mindestens noch ein Jahr mehr Frist gegeben werden, fordert die DIHK.

Der digitalen Dingen prinzipiell zugeneigte IT-Branchenverband Bitkom verweist zwar auch auf die Chancen des elektronischen Rechnungsaustauschs, der mittel- und langfristig erhebliche Potenziale berge. Aber den Aufwand für die Umstellung auf strukturierte Formate dürfe man dennoch nicht unterschätzen, erklärte Bitkom-Referent Daniil Heinze. Gerade die kleinen Unternehmen hinken laut einer Umfrage des Verbands vom vergangenen Jahr hinterher: Strukturierte E-Rechnungsstandards wie EDI, ZUGFeRD oder XRechnung nutzten bei den großen Unternehmen ab 500 Beschäftigten bereits 96 Prozent, bei den mittelständischen 82 Prozent – aber unter kleineren Firmen gerade erst 52 Prozent. Gleichzeitig hätten 2023 auch noch acht Prozent der Unternehmen in Deutschland Rechnungen ausschließlich in Papierform erstellt.

Auf die Schwierigkeit kleiner Betriebe und Solo-Selbstständiger verwies auch der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland. Gerade letztere verwendeten häufig noch Word oder Excel zur Rechnungsstellung, erklärte Verbandsvorstand Andreas Lutz. Er appellierte an die Betroffenen, Faktura und Buchhaltung zeitnah umzustellen. "Einmal eingeführt, bieten die digitalen Abläufe langfristig Vorteile, wenn man es klug anstellt", meinte Lutz. An der Umstellung komme man ohnehin nicht vorbei.

Beim Handelsverband HDE verwies man darauf, dass andere EU-Staaten wie Frankreich, die früher als Deutschland mit der Einführung der verpflichtenden elektronischen Rechnung begonnen haben, auch häufig die Starttermine geschoben hätten. Wenn sich der Zeitrahmen als zu kurzfristig erweise, sollte Deutschland das auch tun, sagte Ralph Brügelmann, Steuerexperte bei dem Verband. So wie eigentlich alle Wirtschaftsverbände, die die iX-Redaktion befragte, ist man sich auch beim HDE sicher, dass die E-Rechnung vieles vereinfachen könne und mittel- und bis langfristig für Effizienzgewinne durch Automatisierung sorgen werde. Aber kurzfristig, da hapert es wohl in Deutschland.

Hinweis in eigener Sache: Der Workshop "E-Rechnungspflicht: Software richtig implementieren" der heise Academy erläutert die neuen gesetzlichen Vorgaben zur innerdeutschen E-Rechnungspflicht, die Unternehmen ab 2025 erfüllen müssen.

(axk)