Fritzbox-Jubiläum: Wie die Fritzbox in 20 Jahren wurde, was sie heute ist

Die roten Router haben in Deutschland eine beachtliche Nische und eine treue Fangemeinde erobert. Wir blicken zurück auf 20 Jahre Fritzbox und in die Zukunft.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 300 Kommentare lesen
, Andreas Martini

(Bild: Andreas Martini)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Eigentlich könnte man die Fritzbox ganz schnell beschreiben, denn ein Router ist ein Router ist ein Router. Doch sie steht auch stellvertretend für eine sehr erfolgreiche Zeit der Integration und Miniaturisierung. Bis 2004, ihrem Geburtsjahr, brauchte man für Internet per DSL und Telefonie hinter der "Postbuchse" noch einen Gerätewust: Splitter, Analogtelefon oder ISDN-Anlage mit Telefonen, für Schnurlosgeräte eine DECT-Basis und als Internetzubringer ein DSL-Modem und einen einfachen Router. Die unvermeidliche, oft in die Ecke gestopfte Kabelage trug den Namen Rattennest mit Recht.

Mehr zu Fritzboxen

Am 18. März 2004 kündigte der Berliner Hersteller AVM, in den 1990ern groß geworden mit ISDN-Zubehör, auf der seinerzeit noch weltgrößten IT-Messe CeBIT die erste Fritzbox an. Sie integrierte Modem und Router und reduzierte so das Geraffel merklich. In den Jahren danach wanderte die ISDN-Technik hinein, WLAN für Mobilgeräte kam hinzu und später schluckte die Box auch die DECT-Basis. Am Schluss stand nur noch ein Gerät da, mit der Fritzbox 7270 war 2007 der moderne All-in-one-Router geboren.

Die wichtigsten Meilensteine führt die Zeitleiste unten auf. Folgend schildern wir, was beim Siegeszug der Box half, welche Auswirkungen sie zeitigte und welche Stolperer Aufsehen erregten. Abschließend blicken wir in ihre Zukunft.

Wie die Fritzbox hilft, Stausituationen im Netzwerk aufzuspüren und zu beheben, Zubehör, das Ihren Router im Heimnetz noch nützlicher macht und Lesererfahrungen von exotischen Einsatzorten, seltsamen Ausfällen und Erfahrungen mit Langzeitbetrieb sind weitere Themen unserer Artikelreihe.

Über die Zeit haben sich das Produkt und sein eingängiger Name so etabliert, dass die AVM-Hotline bei der Fehlersuche inzwischen nachfragen muss, ob der Problembär tatsächlich ein Berliner ist oder ob mit "meine Fritzbox spinnt" doch ein WLAN-Router anderer Herkunft gemeint ist. Aus der Marke wurde ein Gattungsbegriff, Tempo und Zewa lassen grüßen.

Der "Router mit dem Tierchen", manche sehen eine Ratte, andere eine Maus, die anfangs als Comictier von Karton und Handbuch zwinkerte, fand schnell Fans. So dauerte es keine zwei Jahre, bis ein anderer Netzwerkhersteller versuchte, sich mit seiner "Horstbox Professional" an den rollenden Zug anzuhängen (PDF-Download) .

Dem mit zwei Platinen – Asterisk-Telefonanlage Horst und DSL-WLAN-Router Herta – aufwendig konstruierten Konkurrenten war kein langes Leben beschieden. Hardwarebastler konnten wenige Jahre später die Überreste für kleines Geld vom Abstellgleis ziehen. Die von vielen mit einem Augenzwinkern "Fritte" geheißenen Router gibt es aber weiterhin.

Fritzbox-Historie 2004 bis 2011: AVMs Router haben in 20 Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt: Die Fritzbox lernte neue Zubringermedien kennen (TVKabel, Mobilfunk, Glasfaser), zu funken (DECT, WLAN) und das Smart Home zu steuern. Die maximale Internetgeschwindigkeit kletterte währenddessen von 8 auf 10.000 Mbit/s.

2010 hatte die Fritzbox in Deutschland mit 68 Prozent ihren höchsten Marktanteil erreicht. Dabei half das OEM-Geschäft: AVM vertreibt seine Router auch an Internetanbieter, die sie ihren Kunden gegen eine geringe Monatsmiete oder gratis bereitstellen, mal als Original, mal als schwarzer "Homeserver".

Provider für Internet per TV-Kabel fordern meist eine an eigene Wünsche angepasste Firmware, um beispielsweise für die WLAN-Funktion extra kassieren zu können. Das ist vielen ein Dorn im Auge, nicht zuletzt dem Hersteller, der sich für die Routerfreiheit im Telekommunikationsgesetz stark gemacht hat. So können Kabelinternet-Kunden auf uneingeschränkte Fritzboxen ausweichen, müssen aber bei deren Aktivierung noch eine vom Provider ausgelegte kleine Hürde nehmen.

Es hat sich ausgezahlt, bei Fritzboxen von Anfang an auf möglichst einfaches Einrichten zu setzen, zuerst mit von CD-ROM gestarteten Assistenten, dann im Browser. Schon das hat die Box beliebt gemacht.

Viel mehr haben die Berliner ihre treue Fanbase aber mit der langen Produktpflege gewonnen: Verbesserungen, sei es das 2017 eingeführte Fritz-Mesh für zentrale WLAN-Steuerung oder neue Funktionen im Smart-Home-Bereich, wandern per Firmware-Update oft auch auf Geräte, die schon längst Nachfolger haben. Zudem hört der Hersteller oft auf Wünsche seiner Kundschaft.

Fritzbox-Historie 2012 bis 2023: AVMs Router haben in 20 Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt: Die Fritzbox lernte neue Zubringermedien kennen (TVKabel, Mobilfunk, Glasfaser), zu funken (DECT, WLAN) und das Smart Home zu steuern. Die maximale Internetgeschwindigkeit kletterte währenddessen von 8 auf 10.000 Mbit/s.

AVM hat bei seinen Routern vieles richtig und vieles besser als andere Hersteller gemacht. Als beispielsweise die Deutsche Telekom ab 2012 das moderne Internetprotokoll IPv6 einführte (PDF-Download) , waren Fritzboxen die ersten Heimrouter, die damit umgehen konnten und vor allen anderen eine funktionierende IPv6-Firewall inklusive Dienstfreigaben hatten. Perfekt sind sie aber auch heute noch nicht (Test).

Nicht immer fand man beim Produktdesign gleich die richtige Spur: 2006 stellte AVM seinen bis dato kleinsten DSL-WLAN-Router vor. Die Fritz-Fon 7150 war zur etwas vergrößerten Ladeschale eines Schnurlostelefons mutiert. Diese Bauform hat sich nicht durchgesetzt. Bei den Fritzbox-Gehäusen wich das anfangs satte, großflächige Rot mit silbergrauen Elementen über die Zeit einem freundlicheren Weiß mit roten Akzenten.

Wie bei anderen Routern stecken auch in der Fritz-Firmware immer wieder Bugs. Anfang 2014 manifestierte sich ein krasser Bug (PDF-Download) : Fritzboxen waren bei aktiviertem Fernzugang übers Internet ohne Autorisierung konfigurierbar, der Zugangsschutz per Name und Passwort ließ sich umgehen.

Das nutzten Ganoven aus, um VoIP-Sprechstellen einzurichten. Mit denen riefen sie von außen wiederholt teure Sondernummern kurz an, um an deren Umsatz mitzuverdienen. Bei manchen Fritzbox-Besitzern liefen so binnen Stunden Telefonrechnungen von mehreren Tausend Euro auf. AVM reagierte professionell und stellte übers Wochenende für mehr als 30 Routermodelle Firmware-Updates bereit, die die Lücke schlossen. Zum Glück für die Betroffenen handelten die meisten Telefonieanbieter kulant und trieben die aufgeblähten Rechnungen nicht ein.

20 Jahre AVM-Router im c’t-Testgerätefundus: links der Urahn Fritzbox Fon von 2004, noch ohne WLAN und für maximal 8 MBit/s aus dem Internet, rechts die Fritzbox 6670 Cable von 2024, mit Wi-Fi 7 und bis zu 10.000 Mbit/s im Downstream.

Anfang September 2023 brachte AVM unvermittelt "notwendige Stabilitäts- und Sicherheitsupdates" für viele, auch alte, Boxen und für manche WLAN-Repeater heraus. Welche Lücke da geschlossen wurde, offenbarte sich erst durch den Vorher/Nachher-Vergleich eines unserer Spezialisten.

Der Webserver, der die Konfigurationsseiten ausliefert, hatte ein Sicherheitsleck. Dadurch ließ sich der Router aus der Ferne ohne Passwort konfigurieren, sogar wenn man im Webinterface den Remote-Zugang ausgeschaltet hatte. Der Schlüssel dazu war eine geschickt konstruierte Webseite. Ließ man sich im Heimnetz per Phishingmail darauf locken, öffnete das dem Angriff Tür und Tor.

Diesmal beschränkten sich die Schäden dem Anschein nach auf Änderungen an der Fritzbox-Konfiguration, manchmal mit vorübergehendem Internetverlust durch geänderte Zugangsdaten. Wer das inzwischen übliche automatische Firmware-Update beim Einrichten des Routers aktiviert gelassen hat, ist der Falle mit hoher Wahrscheinlichkeit unbeschadet entronnen.

Mit der Fritzbox 6670 Cable hat AVM jüngst seinen ersten Router auf den Markt gebracht, der die neue WLAN-Generation Wi-Fi 7 an Bord hat. Wi-Fi 7 liefert im günstigen Fall mehrere Gigabit pro Sekunde an Mobilgeräte; einige hundert Mbit/s sollten aber auch durch ein, zwei Wände möglich sein. Die im Lauf des Jahres 2024 erscheinenden Wi-Fi-7-Geschwister erhalten auch schnellere Ethernet-Schnittstellen bis 10 Gbit/s, sodass man die Rasanz der nächsten Glasfasergeneration (XGS-PON) zumindest per LAN ungebremst ans Ziel bringen kann.

Für die Heimautomation bringen einige Neulinge eine Schnittstelle für den Smart-Home-Funkstandard Zigbee mit, auch das Matter-Protokoll sollen sie beherrschen. Ältere Boxen kann man für Zigbee mit einem Smart-Gateway kombinieren. Die Mobilfunk-Fritzbox 6860 verspricht als Glasfaserersatz Gigabit-Internet drahtlos per 5G. Auch sind Fritzboxen mit dem in einigen Jahren kommenden 6G-Mobilfunk denkbar.

Doch vorher wird sich im Berliner Unternehmen noch einiges verändern: Die Gründer haben ihr Ausscheiden angekündigt und suchen Nachfolger. Die nächsten 20 Jahre werden spannend. Happy Birthday, Fritte!

(ea)