Alte VHS-Kassetten digitalisieren - so geht's

VHS-Kassetten lassen sich inzwischen auch mit einfachen Rechnern gut selbst digitalisieren. Alles, was Sie dafür brauchen, ist ein wenig Hardware.

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(Bild: Oleg Krugliak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Isabelle Bauer
Inhaltsverzeichnis

Wer in den 1980er und 1990er Jahren technikaffin war, durfte auf ein Utensil nicht verzichten: Die Videokamera. Die großen, weit verbreiteten Video-Home-System-Kassetten (VHS) waren seinerzeit beliebte Medien, weshalb viele Heim-Videos auf solchen Kassetten landeten. VHS war nicht das einzige Format zu der Zeit: Neben dem höher auflösenden Super-VHS und dem kompakten VHS-C gab es noch einige andere Systeme, darunter Video8 und das kompatible Hi8. Wer sehr früh eingestiegen ist, hat vielleicht sogar noch VCR-, Video-2000- oder Betamax-Kassetten im Keller stehen. Nach weit über 30 Jahren dürften sich manche Bänder allerdings langsam selbst auflösen. Daher ist höchste Eisenbahn: Digitalisieren Sie Ihre wertvollen Erinnerungen, solange noch Zeit dafür ist!

Zunächst eine gute Nachricht: Es spielt für die Digitalisierung keine Rolle, in welchem Format Ihre Bänder vorliegen. Gemeinsam haben alle Formate, dass sie analog sind – und sich dadurch auf die gleiche Weise auf den PC oder Mac kopieren lassen. Alles, was Sie dafür brauchen, ist ein Video-Grabber wie etwa den Elgato Capture: Geräte dieser Art digitalisieren Material aus analogen Quellen wie SCART oder Composite. Softwareseitig bieten diese Geräte normalerweise das nötige Rüstzeug, um Videos auf den Computer zu kopieren. Ansonsten benötigen Sie nur noch ein Abspielgerät für Ihre alten Videokassetten. Je nach System ist das der schwierigste Teil.

Mit einem Videograbber können Sie alte Kassetten ganz einfach selbst digitalisieren.

Während das Besorgen eines funktionierenden VHS-Rekorders mit Composite- oder Scart-Ausgang in aller Regel (noch) kein Problem darstellen dürfte, wird es bei den exotischeren Verwandten schon schwieriger. Die Mechanik von Videokameras und Rekordern ist anfällig, die sensible Technik mag es zum Beispiel nicht, einzustauben oder grob behandelt zu werden. Zudem sind die Geräte auch nach heutigen Maßstäben nicht mehr sinnvoll einsetzbar. Daher schmilzt der Bestand funktionierender Geräte wie Eis in der Sonne. Gerade bei seltenen Formaten kann es daher wirklich schwierig werden, ein Abspielgerät zu ergattern. An dieser Stelle einige Tipps:

  • Schauen Sie regelmäßig in die Kleinanzeigen, Ebay und andere Plattformen.
  • Werfen Sie einen Blick in Video-Foren und fragen Sie an, ob jemand noch ein funktionierendes Gerät besitzt.
  • Wichtig: Sie brauchen nicht unbedingt einen Rekorder – auch die Kameras selbst konnten in aller Regel Composite-Signale ausgeben, was alles ist, was Sie für die Digitalisierung benötigen.
  • Mit etwas Glück finden Sie für VHS oder Video8/Hi8 ein spätes, hochwertigeres Gerät, das bereits eine digitale Firewire-Schnittstelle für die Ausgabe besitzt. In diesem Fall brauchen Sie nur eine Firewire-Schnittstelle an Ihrem PC/Mac, die Übertragung erfolgt digital.
  • Selbst wenn das Gerät teuer sein sollte: Kaufen Sie es einfach, digitalisieren Sie Ihr Material – und verkaufen Sie es anschließend zum Kaufpreis weiter. Es gibt nämlich viele Nutzer wie Sie.

Sobald Sie im Besitz eines Abspielgeräts für Ihre alten Videobänder sind, können Sie auch schon loslegen. Der Prozess der eigentlichen Digitalisierung ist kinderleicht:

  1. Schließen Sie den Videograbber an Ihrem PC oder Mac an und starten Sie die zugehörige Software.
  2. Schließen Sie danach das analoge Wiedergabegerät an den passenden Anschlüssen des Videograbbers an. Je nach Ein- und Ausgangssituation benötigen Sie gegebenenfalls noch Adapter, die Sie dazwischen schalten müssen.
  3. In der Software des Video-Grabbers können Sie jetzt das Bild sehen, das von der Kamera/dem Rekorder kommt. Drücken Sie in der Computer-Software auf „Aufnahme“ und starten Sie die Wiedergabe des Videos an der Kamera.
  4. Der Videograbber übernimmt den Rest: Das analoge Signal wird digitalisiert und landet als Videodatei auf der Festplatte. Anschließend können Sie je nach Grabber noch einfache Videoschnitt-Funktionen nutzen.
  5. Speichern Sie das Video nach der Aufnahme ab. Wichtig: Verwenden Sie auf jeden Fall ein modernes, kompatibles Format wie MPEG-4, damit Sie nicht in einigen Jahren vor dem Problem stehen, dass Sie proprietäre Videoformate des Videograbbers nicht mehr öffnen können.
  6. Die MP4-Datei ist jetzt eine ganz normale Videodatei, mit der Sie alles erledigen können, was Sie auch mit nativ digitalen Formaten (etwa von Ihrem Smartphone) machen können. Natürlich ist die Qualität deutlich schlechter, was am analogen Ursprungsformat liegt.

Wenn die Videos auf dem Computer sind, können Sie sie natürlich noch nachbearbeiten. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, ein Videoschnitt-Programm zu verwenden. Davon gibt es viele, neben dem kostenlosen iMovie an Mac, PC und iPhone gibt es für Windows und macOS eine ganze Reihe Videoschnitt-Tools. Hier können Sie sich über verschiedenste Videoschnittprogramme informieren. Wir empfehlen allerdings das kostenlose DaVinci Resolve. Das ist für Einsteiger zwar nicht ganz hürdenfrei, hat aber den Vorteil, dass es direkt professionelle Funktionen bietet und in der kostenpflichtigen Version in der Filmindustrie verwendet wird. Die Einschränkungen gegenüber der Profi-Version halten sich in Grenzen und dürften Anwendern im privaten Bereich in aller Regel keine Hürden in den Weg legen.

Mit einem Videoschnitt-Programm können Sie die digitalisierten Videos restaurieren und so noch besser machen.

Doch egal, welches Schnittprogramm Sie verwenden, achten Sie darauf, dass Sie das fertige Video anschließend ebenfalls im MPEG-4-Format exportieren. Nur so können Sie sicherstellen, dass die Dateien auch in vielen Jahren oder Jahrzehnten noch wiedergegeben werden können. Denn MP4 ist der Quasi-Standard für digitale Videos, so wie MP3 für digitale Musik. Genau wie bei allen anderen Dateien müssen Sie sich jetzt nur noch darum kümmern, dass Sie ein regelmäßiges Backup anlegen, um die Daten nicht zu verlieren. Verzichten Sie bei der dauerhaften Archivierung aber darauf, klassische Video-DVDs anzulegen: Diese reduzieren erneut Qualität, das Ende des Formats ist zudem bereits absehbar, was früher oder später zu einem Engpass bei Abspielgeräten führen wird. Zudem sind selbst gebrannte Video-DVDs auch nicht ewig haltbar. Besser ist es, die Dateien einfach als MPEG-4 auf dem PC, der NAS oder in der Cloud zu belassen, regelmäßig zu sichern und beim Umzug auf einen neuen PC mitzunehmen. Video-DVDs (oder verwandte Formate) können Sie dann bei Bedarf aus den MPEG-4-Dateien erstellen.

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(isba)