Ehrlich währt am längsten: 30 Jahre Suzuki Bandit

Seite 2: Harmonisierte Kraftkurve

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Nur ein Jahr nach der Vorstellung wurde der Leistungsverlauf etwas harmonischer gestaltet, denn im ersten Baujahr fiel die Kraft recht plötzlich über den Fahrer her – Experten nutzen den Effekt für Wheelies, Ungeübte hingegen erschreckten sich. Das maximale Drehmoment des 1200ers sank dabei auf 91 Nm, doch blieb die große GSF 1200 ein Durchzugs-Monster, das betont schaltfaul gefahren werden konnte. Suzuki verbesserte die Bandits kontinuierlich, so gab es 1997 die GSF 1200 SX gegen Aufpreis wahlweise mit ABS, das aber kaum geordert wurde und deshalb drei Jahre später wieder aus dem Programm fiel – damals standen viele Motorradfahrer dem ABS noch skeptisch gegenüber, weil es viel zusätzliches Gewicht bedeutete und die Regelintervalle noch sehr grobkörnig waren. Vom Verkaufserfolg seiner Bandits war vermutlich sogar Suzuki selber überrascht, bis zur Jahrhundertwende verkauften sich allein von den 600er Bandits rund 30.000 Stück in Deutschland.

Im Jahr 2000 kam dann die erste große Modellpflege für die Bandit-Baureihen. Sie erhielten einen neuen Rahmen, dessen obere Rohre nun gerade nach hinten verliefen und entsprechend wurde die Form des Tanks geändert. Die Sitzbank war deutlicher konturiert, die Seitenteile und die Heckverkleidung zeigten sich neu gestaltet. Außerdem war an Details gefeilt worden wie den Instrumentengehäusen, Rückspiegeln und den Scheinwerferhalterungen.

Die Halbschalenverkleidung der S-Modelle erstrahlte in einem neuen Look mit geändertem Scheinwerfer und höherer Scheibe. Das bewährte Fahrwerk blieb weitgehend unangetastet. Beim 1200er-Motor wurde das maximale Drehmoment auf 92 Nm bei 6500/min angehoben, nachdem es zwei Jahre lang auf 84 Nm bei 4500/min gesenkt war, es blieb aber bei 98 PS bei 8500/min. Auch der 600er-Vierzylinder bekam eine leichte Fitnesskur und das Drehmoment stieg auf 55 Nm.

Die kleinere Bandit erhielt 2005 eine Hubraumaufstockung auf 650 cm3 und einige kleine Designretuschen wie das spitzer zulaufende Heck. Die Höchstleistung blieb bei 78 PS, dafür stieg das Drehmoment auf 59 Nm. Erst 2007 stand der wirklich große Einschnitt an: Suzuki stellte die Bandit für die Euro-3-Norm auf Wasserkühlung um. Das war ein riskanter Schritt, denn die Fans liebten die nostalgischen Zylinder-Kühlrippen der luft-/ölgekühlten Motoren. Doch das Konzept des zuverlässigen Sporttourers funktionierte dank der niedrigen Preise weiterhin, zumal die flüssigkeitsgekühlten Reihenvierzylinder auch an Kraft zulegten. Die Bandit 650 holte aus 656 cm3 nun 86 PS und 62 Nm, die große Bandit wurde auf 1255 cm3 aufgestockt und leistete zwar weiterhin 98 PS, die aber schon bei 7500/min anlagen und das maximale Drehmoment stieg auf satte 108 Nm bei nur 3700/min. Ihrem Ruf als bärenstarkes Durchzugsmonster blieb sie damit gerecht.

Vor allem aber profitierten die Bandits weiterhin von ihrem Image als zuverlässige Begleiter, die alles mitmachten. Sechsstellige Laufleistungen waren mit dem 1200er- und 1250er-Motor durchaus möglich, vorausgesetzt die Inspektionsintervalle wurden eingehalten. Doch 2016 stellte Suzuki – wohl wegen der Euro-4-Norm – die 650er und 1250er Bandit ein. Bis zum Schluss wurden sie von Einsteigern genauso geschätzt, wie von alten Fahrensmännern – mit einer Bandit, egal ob neu oder gebraucht, konnte man eigentlich nichts falsch machen. Die letzten Bandits verließen für 7490 (GSF 650 N Bandit) bzw. 9740 Euro (GSF 1250 N Bandit) die Händler.

Warum Suzuki für sein außerordentliches Erfolgsmodell keinen Nachfolger gebaut hat, weiß wohl nur die Firmenzentrale in Hamamatsu. Der Bandit-Fahrer ist eher konservativ und schätzt den klassischen, ehrlichen Look seines Sporttourers. Er hat es noch verkraftet, dass die Bandits 2007 von Luft- auf Wasserkühlung umgestellt wurden, doch mit dem modernen, kantigen Design einer Suzuki GSX-S 1000 kann ein Bandit-Besitzer nichts anfangen. Die GSX-S 1000 ist zwar stärker und leichter, bietet aber weniger Touren- und Soziustauglichkeit und ist dazu deutlich teurer. Die kleinere GSX-S 750 verkauft sich durchaus gut, lockt aber eine andere Klientel an, die auf moderne Streetfighter steht. Der Bandit-Besitzer will keine hohe Spitzenleistung, sondern ein früh anliegendes Drehmoment, eine bequeme Sitzposition, große Zuverlässigkeit und das Ganze zu einem sehr günstigen Preis. Vielleicht besinnt sich Suzuki eines Tages wieder auf die Tugenden der Bandit. Den Verkaufszahlen würde es gut tun.

(fpi)