50 Jahre Atari: Pong – und sonst?

Seite 2: Pong als Heimgerät

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1974 will Bushnell "Pong" als Heimkonsole umsetzen und findet Sears als Vertriebspartner. Es ist ein augenblicklicher Erfolg und zieht eine Reihe ähnlicher Geräte nach sich. Super Pong, Ultra Pong, Hockey Pong, Pinball und viele Nachahmer, zumal General Intrument ab 1976 einen "Pong-Chip" anbietet, einen Schaltkreis, der das Spiel in mehreren Varianten enthält. Damit lassen sich ohne tieferes technisches Wissen Konsolen herstellen. Das passiert millionenfach, bis in die DDR, die 1000 dieser Chips für ihre eigene Pong-Konsole importiert.

Mit den Einnahmen aus den Spielautomaten, den Erlösen der Heimkonsolen und weiteren Finanzspritzen steht Atari gut da. Doch die Zeit der Heimgeräte mit fest eingestanzten Spielen geht vorbei. Der neueste Schrei sind Konsolen mit Wechselmodulen, wie das Fairchild Channel F (das in Deutschland unter anderem als Saba Videoplay vertrieben wird).

Doch für die Entwicklung und Produktion einer solchen Konsole, die besser ist als alles, was auf dem Markt existiert, braucht Atari sehr viel Geld. Bushnell überlegt, Atari in eine Aktiengesellschaft zu verwandeln, sucht dann doch einen Investor. Und findet nach mehreren Absagen mit Warner jemanden, der die Firma komplett übernehmen will: Warner-Chef Steve Ross sieht mit eigenen Augen, wie seine Kinder in Disneyland von einem Rennspiel-Automaten von Atari gefangen sind.

Am 1. Oktober 1976 kauft Warner Atari, zu einem Preis von 28 Millionen Dollar. Die gleiche Firma, die vier Jahre zuvor mit einem Startkapital von 500 Dollar gegründet wurde.

Das Meisterstück von Atari erscheint 1977: eine Spielkonsole mit Wechselmodulen. Das Atari Video Computer System VCS. Günstig und leistungsfähig. Angetrieben durch eine Abwandlung des MOS 6502 (der auch in zahllosen anderen Konsolen und Rechnern eingebaut ist), 160x200 Punkte, 16 gleichzeitige Farben, 128 Byte RAM.

Atari VCS, später Atari 2600, Ataris erste Konsole mit Wechselmodulen, von 1977

(Bild: René Meyer)

Später bekommt sie die Bezeichnung 2600 (von Anfang an die interne Modellnummer), um sie von den Folgemodellen 5200 und 7800 zu unterscheiden. Sie wird preiswert mit Hinblick auf einen kurzen Produktzyklus entwickelt, verkauft sich aber am Ende rund 15 Jahre, bis in die Neunziger, genährt durch eine preiswertere Junior-Version ab 1984. Am Ende sind es 30 Millionen Stück, mehr als die erste Xbox von Microsoft oder der GameCube von Nintendo Jahre später. Ein Erfolgsrezept ist das Umsetzen der beliebten Spielhallen-Hits. Der eigenen, aber auch der anderen, etwa "Pac-Man" von Namco, "Space Invaders" von Taito oder "Donkey Kong" von Nintendo.

Die Nähe zur Filmwelt führt zu attraktiven Lizenzen. 1979 erscheint mit "Superman" das wohl erste Spiel, das auf einem Film basiert. Einem von Warner, natürlich. Mit "Pelé Soccer" kommt 1981 das erste Spiel mit einem Promi auf dem Cover. Atari gründet überall auf der Welt Clubs und organisiert Meisterschaften. Die Öffnung des Marktes für andere Entwickler ist zunächst nicht freiwillig: Das erste reine Software-Studio für Videospiele, Activision, wird von enttäuschten Ex-Mitarbeitern gegründet.

Nicht unumstritten ist die Entscheidung, die Spiele auch für fremde Systeme umzusetzen. So erscheinen etwa "Centipede", aber auch (das von Nintendo lizenzierte) "Donkey Kong" unter dem Label Atarisoft sogar für den damals neuen IBM PC.

Zum Erfolg der Konsole trägt das Design der Automaten und später Spielepackungen bei. Große klare Schriften, knallbunte Grafiken, die sich an der psychedelischen Plakat-Kunst des San Franciscos der Sechzigerjahre orientiert. Pop Art, wie sie bereits von Platten-Covern bekannt sind.

Mit dafür verantwortlich ist der Designer George Opperman. Er wird schon früh für ein Logo beauftragt – und liefert eines der bekanntesten Symbole der Geschichte. Zur Intention gibt es verschiedene Geschichten; glaubhaft ist, dass es einerseits ein A darstellen und andererseits an das Spielfeld von "Pong" erinnern soll. Zwei Spieler gegenüber und ein Netz dazwischen. Dass es an den Berg Fujiyama erinnert, ist vermutlich nur Zufall; zumindest erhält das Logo bei Atari den Spitznamen Fuji.

Opperman hat zu dieser Zeit eine eigene Agentur und erhält für das Logo, das 50 Jahre später immer noch verwendet wird, 3000 Dollar. Er wechselt später ganz zu Atari, gestaltet Artworks für die Spielautomaten und wird, da acht Jahre älter als Bushnell, auch zu dessen Mentor.

Ernest Cline, der Autor des (von Spielberg verfilmten) Romans "Ready Player One" erklärt im Vorwort des prächtigen Bildbands "Art of Atari": "Auch wenn die krude Grafik des Programms nie so farbenfroh und realistisch war, wie die Illustrationen versprachen, wertete das Cover die Spielerfahrung auf beinahe magische Weise auf. Es schlug die Brücke zwischen den groben Pixeln, die über den Bildschirm tanzten, und den fantastischen Bildern vor unserem inneren Auge."