GPS – Der "magische Kompass" mit gewollter Ungenauigkeit

Seite 5: Der magische Kompass vom Schlachtfeld

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Der Golfkrieg hat in gewisser Hinsicht den Grundstein für den Erfolg von GPS auch außerhalb militärischer Belange gelegt. Neben US-Soldaten kehrte auch mehr als eine halbe Million Soldaten verbündeter Streitkräfte vom Schlachtfeld nach Hause. Sie brachten Geschichten über den "magischen Kompass GPS" mit nach Hause. Die beiden Kriegsjahre sahen auch einen sprunghaften Anstieg GPS-bezogener Patentanmeldungen.

Ende August 1991 gestatteten die USA generell den Export ziviler GPS-Geräte. Eine Woche später versprachen sie, das GPS-System ab 1993 auf kontinuierlicher Basis weltweit bereitzustellen – und zwar gebührenfrei für mindestens zehn Jahre. Bis heute ist von Gebühren keine Rede.

Wann GPS wirklich "fertig" war, ist eine Frage der Definition. Am 8. Dezember 1993 erklärte die US-Luftwaffe die "Initial Operational Capability" des GPS-Systems – diese "anfängliche Einsatzbereitschaft" bezog sich auf zivile Nutzung. (In dem Jahr waren übrigens die ersten GPS-Empfänger in der Größe von Computerchips vorgestellt worden.) Drei Monate später wurde der 24. GPS-Satellit des zweiten Blocks gestartet, womit die Satellitenkonstellation "vollständig" wurde. Am 17. Juli 1995 erklärte die Luftwaffe "Full Operational Capability" – das System hatte die Funktionstests der Militärs bestanden.

Auch die Anfänge von GPS sind nicht so deutlich festzumachen. Am 22. Februar 1978 wurde erstmals ein GPS-Satellit erfolgreich ins All geschossen. Die US-Streitkräfte hatten die konkrete Planung spätestens in den frühen 1970er-Jahren begonnen. 1972 wurden in der White Sands Missile Range in Neumexiko Tests mit zwei Empfänger-Prototypen durchgeführt, wobei Pseudo-Satelliten per Flugzeug über das Gebiet geflogen wurden. 1974 gelangte erstmals eine Atomuhr an Bord eines Satelliten ins All. Die sehr exakten Zeitangaben sind unbedingte Voraussetzung für die Funktionsweise von GPS, Galileo und Co.

Spätestens im selben Jahr, 1974, wurde das Systems ausdrücklich sowohl für militärische als auch zivile Nutzung konzipiert. Die Mär, US-Präsident Ronald Reagan habe GPS der zivilen Welt geschenkt, ist also nicht haltbar. Bereits zu Reagans Zeit gab es kommerziell verfügbare GPS-Empfänger, wenngleich sie sauteuer und alles andere als tragbar waren.

Schon in den 1960ern hatten Atom-U-Boote der Vereinigten Staaten Satellitenortungsexperimente durchgeführt, wobei sie bei sechs Satelliten auf polaren Umlaufbahnen Dopplereffekte ausnutzen. Arthur C. Clarke, Autor des von Stanley Kubrick als 2001: Odyssey im Weltraum verfilmten Romans, beschrieb die Idee eines satellitengestützten Ortungssystems bereits im August 1956 in einem Brief: "In vielleicht 30 Jahren (könnten drei Satelliten) ein Positions-Findungs-Grid ermöglichen, mit dem sich jeder auf der Erde selbst lokalisieren kann, durch ein paar Einstellungen auf einem Gerät der Größe einer Armbanduhr."

2001 - Odyssee im Weltraum (30 Bilder)

Für das erste Kapitel setzte Kubrick Frontprojektionen ein, bei denen der Hintergrund (Fotoaufnahmen aus Afrika) mit einem Beamer über einen halbdurchlässigen Spiegel auf eine besonders stark reflektierende Leinwand geworfen wird. In den Affenkostümen agieren Tänzer, die sich ein Jahr auf die Szenen vorbereiteten.
(Bild: Metro-Goldwyn-Mayer)

Man bedenke: Erst am 4. Oktober 1957, 14 Monate nachdem Clarke den Brief geschrieben hatte, startete die Sowjetunion den ersten Satelliten überhaupt: Sputnik. Die USA arbeiteten damals ebenfalls an einem künstlichen Erdtrabanten. Um diesen verfolgen zu können, hatten sie elf Bodenstationen über den Globus verstreut. Dieses "Minitrack"-Netz ging gerade einmal drei Tage vor Sputniks Start in Betrieb. So konnten die USA Sputnik genau verfolgen.

Der Gedanke, den Spieß umzudrehen, lag nahe: Wenn man mit Bodenstationen Satelliten verorten kann, müsste man doch auch mit Satelliten Bodenstationen verorten können...

Hinweis: 1 Satz wurde entfernt. Die Coronavirus-Tracing-Apps benötigen kein GPS. (ds)