Weg von der Gasheizung: Welche Optionen es für Mehrfamilienhäuser gibt

Seite 5: Geschrumpfte Wärmepumpen

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Damit wird die Luft dünn für mögliche Lösungen. "Gute Alternativen zu Gasetagenheizungen sind auf dem Markt rar beziehungsweise nicht vorhanden", meint Fabian Ochs. Verlockend klingt da die Option, einfach von fossilem Erdgas auf Biogas umzusteigen. Viele Stadtwerke bieten einen solchen Umstieg an, er ist formal so unkompliziert wie der Wechsel zu einem Ökostromtarif und würde jeglichen Umbau am eigenen Haus ersparen. Doch dem Klima wäre damit nicht wirklich gedient. Das Umweltbundesamt und die Scientists for Future halten das Verheizen von Biomasse für keine gute Idee, weil es im Widerspruch zu Naturschutz und Biodiversität stehe. Und E-Fuels wie synthetisch erzeugtes Methan oder Wasserstoff sind für das schlichte Verbrennen viel zu kostbar.

Fabian Ochs verfolgt deshalb einen anderen Weg: Wärmepumpen auf wohnungsgerechte Größe zu schrumpfen. Dabei widersprechen kleine und leise Aggregate eigentlich dem Ziel der Effizienz. "Dafür braucht man relativ große Volumenströme", so Ochs. Um alles unter einen Hut zu bekommen, testet er unter anderem im Rahmen des Forschungsprojekts FitNeS per Laborversuch und Simulation verschiedene Ventilator-Bauarten und Konfigurationen. Ergebnis ist der Prototyp für eine Außeneinheit einer Wärmepumpe, bei der der Verdampfer statt mit einem großen Ventilator mit vier kleinen, sehr effizienten und leisen Ventilatoren arbeitet. Dadurch wurde dieser so kompakt, dass er in eine vorgesetzte Holzfassade passt.

Das Split-Gerät kommt mit 150 Gramm Propan als Kältemittel aus und erreicht eine thermische Leistung von etwa 1,5 Kilowatt. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Wohnung anständig gedämmt ist. Konkret: Der Heizwärmebedarf sollte nicht mehr als 25 bis 30 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr betragen, so Ochs. Zum Vergleich: Der Median für unsanierte Gebäude zwischen Baujahr 1900 und 1960 liegt laut Ochs bei rund 155 Kilowattstunden.

"Eine Herausforderung ist auch die Kostenreduktion", sagt Ochs. Die dazu nötigen Stückzahlen will er durch einen modularen Aufbau erreichen. Je nach Bedarf lassen sich verschiedene Verdampfer-Module für außen mit Innenmodulen kombinieren – ob für ein Lüftungssystem oder eine Warmwasserheizung. "Bei einer typischen 70-Quadratmeter-Wohnung ist nicht mehr viel Spielraum für weitere Installationen, jeder zusätzliche Quadratmeter für eine Heizungsanlage tut weh", sagt Ochs. "Das Ziel ist es, Installation nur in Flur und Küche vornehmen zu müssen, nicht in einzelnen Räumen." Der Prototyp werde voraussichtlich in diesem oder im nächsten Jahr marktreif.

Auf weiteren Spielraum zum Schrumpfen der Wärmepumpe macht eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE aufmerksam. Im 2020 abgeschlossenen Forschungsprojekt WPsmart im Bestand beobachtete sie 56 Wärmepumpen über fünf Jahre hinweg in realem Betrieb. Das Ergebnis: Aus energetischer Sicht brauchen sie nicht unbedingt auf Temperaturen von unter minus zwölf Grad ausgelegt zu werden. Solch seltenen Extreme könnten auch mit Elektroheizstäben abgedeckt werden. "In der Jahresbilanz fällt das kaum ins Gewicht", erklärt Projektkoordinatorin Marek Miara. "Ausschlaggebend für die Effizienz sind vor allem die Temperaturen, wenn am meisten geheizt wird, also bei knapp über null Grad."

Auch mit einem weiteren Vorurteil räumt die Studie auf: Wärmepumpen sind nicht notwendigerweise auf Fußboden- oder Wandheizungen angewiesen. Auf dem Markt werden laut ISE inzwischen Heizkörper angeboten, die bei gleichem Platzbedarf wesentlich geringere Vorlauftemperaturen benötigen.

Ein weiterer Vorteil von Wärmepumpen: Sie lassen sich prinzipiell auch zum Kühlen nutzen – selbst bei der Nutzung vorhandener Radiatoren oder Fußbodenheizungen. Das haben Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) mit Laborversuchungen und Simulationen am Beispiel eines 16 Quadratmeter großen Doppelbüros mit bis zu drei Quadratmeter großen Fenstern untersucht. Das Ergebnis: Radiatoren reichen bei moderaten Fensterflächen aus, einen Raum signifikant zu kühlen. Erst bei größeren Fenstern brauche es eine Flächenheizung.

Wem angesichts der ganzen Optionen und gegenseitigen Abhängigkeiten der Kopf schwirrt, für den gibt es ebenfalls Abhilfe – bisher allerdings nur in den Niederlanden. Die Reimarkt-Kette vertreibt Sanierungsdienstleistungen in Ladengeschäften zu festen Preisen. "Da kann man reingehen und ein Stück Sanierung kaufen, wie ein Consumer-Produkt", sagt Rainer Pfluger. "Man bekommt eine definierte Leistung zu einem definierten Zeitpunkt. So etwas gibt es in Deutschland oder Österreich nicht, da ist eine Sanierung immer ein Wagnis." Nach eigenen Angaben hat Reimarkt bereits 3.000 Wohnungen für Mieter und Eigentümer saniert.

(lca)