Edit Policy: Die Open-Data-Richtlinie und die deutschen Blockaden

Seite 2: Lizenzgebühren behindern Datennutzung

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Eine weitere Verfehlung des Entwurfs für das Datennutzungsgesetz besteht darin, dass Verwaltungen und insbesondere öffentliche Unternehmen weiterhin Lizenzgebühren verlangen können, wenn Dritte öffentliche Daten nachnutzen wollen. Auch hier reizt der Gesetzesentwurf die Ausnahmebestimmungen der Richtlinie vollständig aus. Demnach dürfen öffentliche Verwaltungen Gebühren erheben, um Kosten auszugleichen, die ihnen im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Daten entstehen. Dadurch werden gerade zivilgesellschaftliche Nutzer:innen leicht abgeschreckt. Öffentlichen Unternehmen ist auch darüber hinaus die Erhebung von Lizenzgebühren erlaubt. Obwohl die Inhalte, die öffentliche Stellen vorhalten, in aller Regel bereits durch Steuergelder finanziert wurden, muss man für deren Nachnutzung also nochmal zahlen, ohne dass öffentliche Verwaltungen die Sinnhaftigkeit dieser Praxis hinterfragen.

Dabei verdienen Behörden in den seltensten Fällen mehr Geld mit der Lizenzierung von Inhalten als sie für die Verwaltung dieser Geschäfte ausgeben, oftmals bezahlen verschiedene Behörden einander gegenseitig Gebühren – das ist unwirtschaftlicher als ein Nullsummenspiel. Die Lizenzgebühren behindern den Wettbewerb zwischen kommerziellen und gemeinnützigen Projekten, damit nützen sie letztendlich nur großen Unternehmen. Google kann es sich jederzeit leisten, Geodaten von deutschen Behörden für Google Maps einzukaufen, freie Alternativen wie OpenStreetMap haben das Nachsehen.

Der Open Data-Gesetzesentwurf tut zu wenig, um die Hürden für Open Data abzubauen, die im Rahmen von Privatisierungen und staatlicher Zusammenarbeit mit privaten Dienstleistern entstehen. Informationen von allgemeinem Interesse, wie beispielsweise die Datenbank der deutschen Postleitzahlen, sind seit der Privatisierung der Post in privater Hand und werden als kommerzielles Produkt angeboten. Wenn staatliche Stellen Lizenzen für diese Informationen einkaufen und sie in eigenen Datensätzen nutzen, lässt sich oft nicht mehr zwischen öffentlichen und privaten Daten trennen – der gesamte Datensatz wird der Nachnutzung durch Open Data-Projekte entzogen.

Hier könnte der Bundestag Abhilfe schaffen, indem er Behörden verpflichten würde, öffentliche und private Daten getrennt zu führen, damit er erstere jederzeit zur Nachnutzung bereitstellen könnte. Besser noch würde er dafür sorgen, dass es staatlich geführte Datenbanken für so wichtige Informationen wie Postleitzahlen gibt, die unentgeltlich der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Im öffentlichen Beschaffungswesen, etwa bei IT-Projekten, darf sich die öffentliche Hand nicht von Software-Dienstleistern abhängig machen, die ihrerseits mit Verweis auf Urheberrecht oder Geschäftsgeheimnisse einer Offenlegung von Quellcode oder Datenbankschemata widersprechen könnten.

Noch ist unklar, ob der Bundestag auf Nachbesserungen beim Datennutzungsgesetz bestehen wird. Die Zeit vor der Bundestagswahl ist denkbar knapp. Es bleibt jedoch zu hoffen, dass die Fraktionen die letzten Wochen für eine ambitioniertere Reform nutzen, das Zensurheberrecht abschafft und der Blockadehaltung bei öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen ein Ende macht. Sonst bleibt Deutschland im europäischen Vergleich weiterhin digitalpolitisches Schlusslicht.

Die Texte der Kolumne "Edit Policy" stehen unter der Lizenz CC BY 4.0.

(kbe)