BMW S 1000 R ​im Test

Seite 2: Exzellent: Das semi-aktive Fahrwerk

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Im Dynamik-Paket der Testmaschine ist auch das DDC getaufte semi-aktive Fahrwerk enthalten. Die Elektronik passt die Dämpfung von Federbein der Marzocchi-Gabel in Millisekunden an. Im Road-Modus hält das Fahrwerk genügend Reserven bereit, um auch holprige Nebenstrecken komfortabel zu befahren. Ganz anders der Dynamic-Modus: Er verwandelt die S 1000 R in ein sehr straff gedämpftes Sportbike. Wer auf die Rennstrecke geht, sollte ihn anwählen, für alle anderen Einsatzzwecke ist der Road-Modus besser. Eine weitere Innovation der neuen S 1000 R ist das Sechs-Achsen-IMU aus der Doppel-R mit dem Schräglage und Schlupfregelung permanent kontrolliert werden. So bietet unser Testbike reichlich Regelsysteme: Kurven-ABS (ABS Pro), Dynamic Traction Control (DTC), Wheelie Control, automatisierte Berganfahrhilfe (HSC Pro), Motorschleppregelung (MSR) und Dynamic Brake Control (DBC).

Das eindrucksvollste Kapitel schlägt die S 1000 R auf kleineren Landstraßen auf. Kurvige Strecken sind ihr Revier, hier macht dem Power-Naked-Bike niemand etwas vor. Die BMW lenkt sich so spielerisch leicht ein wie sonst nur Supermotos. Kurven, egal welcher Radien müssen nur angedacht werden und schon geht die S 1000 R in Schräglage. Über die Karbonräder am Testmotorrad bin ich etwas im Zwiespalt, einerseits erhöhen die ultraleichten Felgen unfassbar den Fahrspaß, andererseits kann ich so kein Urteil fällen, wie sich die S 1000 R im Serientrimm verhält.

BMW S 1000 R Details (9 Bilder)

Der S 1000 R-Reihenvierzylinder leistet unverändert 165 PS bei 11.000/min sowie 114 Nm Drehmoment bei 9250/min. Auf die Shift-Cam-Technik des Superbikes verzichtet sie, der Vierzylinder liefert auch so einen kräftigen Drehmomentverlauf.
(Bild: Ingo Gach)

Die exzellenten Pirelli Diablo Rosso Corsa 2 verbeißen sich geradezu in den Asphalt und der breite 190/55-ZR-17-Hinterreifen liefert mächtig Traktion. Sorgen sollte sich der Besitzer allerdings machen, wenn die Reifen ihre Verschleißgrenze erreicht haben: Welcher Reifenhändler geht das Risiko ein, die Pneus an den sündhaft teuren und empfindlichen Karbonrädern zu wechseln?

Durch den neuen Rahmen bekommt die aktuelle S 1000 R auch eine andere Fahrwerksgeometrie, der Radstand wuchs von 1439 auf 1450 Millimeter, der Lenkkopf steht mit 66,0 Grad um 0,8 Grad steiler und der Nachlauf schrumpfte von 98,5 auf 96 mm. Das Ergebnis ist eine präzise Lenkung und ruhige Kurvenlage. Zu letzterer Eigenschaft trägt das bereits erwähnte semi-aktive Fahrwerk einen erheblichen Teil bei. Die beiden Bremszangen am Vorderrad stammen vom Superbike und sind für die Landstraße gewöhnungsbedürftig gut.

Da sich im Umfeld der S 1000 R einige noch potentere Naked-Bike-Konkurrenten bewegen, die wie Ducatis Streetfighter V4 S (Test), das stärkste Naked Bike auf dem Markt, mit bis zu 208 PS protzen, sei gesagt: Das Paket aus Fahrwerk und Motor funktioniert bei der BMW so hervorragend, das wohl nur die Wenigsten auf kurviger Strecke ihr Paroli bieten können. Sie werden der S 1000 R zwar auf der Autobahn irgendwann davonziehen, aber die möglichen 255 km/h ohne Verkleidung sind auf der BMW schon kein Vergnügen mehr, wenn der Orkan am Helm reißt. Weitere Pluspunkte sammelt die S 1000 R im Verbrauch, denn mit 5,3 Litern ist sie in Anbetracht ihrer Leistung erfreulich sparsam und dank ihres 16,5-Liter-Tanks bringt sie es auf über 300 Kilometer Reichweite. Fast noch erfreulicher: In der aktuellen Lautstärke-Diskussion erweist sich die BMW mit 94 dB(A) Standgeräusch und 76 dB(A) Fahrgeräusch als geradezu vorbildlich.

Die BMW S 1000 R kostet in der Basis 14.740 Euro. Für die gebotene Leistung ist das ein absolut fairer Preis. Doch dann greift das von BMW zur Perfektion getriebene Marketing-Instrument der Aufpreisliste: Keine BMW verlässt den Händler ohne Extras. Denn da verlockt ein riesiges Angebot an tollen Sachen den Käufer, reichlich zusätzliche Kreuzchen im Vertrag zu machen. Ganz raffiniert wird es bei den Paketen, in denen etliche Komponenten zusammengefasst sind. Die an unserer Testmaschine verbauten M-Paket (4900 Euro), Comfort-Paket (690 Euro) und Dynamik-Paket (1150 Euro) schrauben den Preis für die S 1000 R auf satte 21.480 Euro hoch. Wer noch dazu das Frästeile-Paket für 950 Euro und das M Carbon-Paket für 1450 Euro ordert, kommt unter dem Strich auf 23.880 Euro. Auch das wäre noch nicht Ende der Fahnenstange, schließlich gibt es noch einige einzelne Extras im Angebot.

Die komplett renovierte BMW S 1000 R ist ein brillantes Naked Bike, das mit seinem drehfreudigen Motor und dem sehr handlichen Fahrwerk beeindruckt. Wer bereit ist, den teuren Aufpreis für das M-Paket und Dynamik-Paket zu zahlen, erlebt ein Motorrad der Extraklasse.