Bisschen retro? Suzuki Swift 1.2 Dualjet Hybrid im Test

Seite 2: Ein bisschen retro

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Man sollte sich auf eine grundsätzlich proaktivere, man könnte auch sagen, altmodischere Fahrweise einstellen, viel mehr antizipieren, wann und wo man voraussichtlich Leistung benötigen wird und entsprechend rechtzeitig runterschalten. Wenn man sich darauf einlässt, wird das Fahrerlebnis ganz von selbst unterhaltsamer, fast ein bisschen retro. Beim dadurch intensiven Wechseln der fünf Gänge stören zum Glück weder Hakeln noch Schwergängigkeit. Allenfalls noch etwas präzisere Schaltwege wären wünschenswert. Die Abstimmung der kurz übersetzten Gangstufen passt zur Motorauslegung.

Je nach Fahrstil verfehlt man zwar mehr oder weniger die Verbrauchsversprechen, doch oberhalb dieses Korridors landet nur ein absichtlich böswilliger Fahrer. Wir erreichten statt 3,9 Liter (erhoben im WLTP, umgerechnet in NEFZ) bestenfalls 4,9 auf 100 km und im Schnitt sogar nur 5,1. Das ist zwar eine eklatante Überschreitung, für ein Auto dieser Größe aber dennoch ein ganz gutes Ergebnis. Deutlich über sechs Liter wären von uns wohl nur mit Vorsatz erreichbar gewesen. Wohlgemerkt handelt es sich um errechnete Verbräuche, die am Bordcomputer abgelesenen liegen immer ein paar Zehntel unterhalb. Um sparsamer zu fahren, müsste man den Swift wie im Verbrauchszyklus bewegen, was sich im Vergleich zu einem Turbo-Motor naturgemäß etwas gehemmter anfühlt.

Wie jeder Hybridantrieb kann auch der im Swift lediglich die Spreizung zwischen Minimal- und Maximalverbrauch vergrößern. Wie viel das letztendlich ausmacht, hängt vor allem am Fahrprofil. Viel Stadtverkehr oder Fahrten im Gebirge vergrößern den Vorteil des Hybridantriebs - auf flachen, gleichmäßig gefahrenen Autobahnetappen dagegen zeigt sich praktisch kein Unterschied.

Suzuki bietet nicht den logisch scheinenden Ausweg eines aufgeladenen 1200ers. Ebenfalls keine Alternative zu diesem höflich bescheidenen Motor mit 107 Nm bei immerhin 2800/min ist der extrovertiert dynamische Swift Sport mit 1400er-Turbo mit 235 Nm bei 2000/min, Spoiler, Integralsitzen, Kohlefaser-Optik, spitzer Zielgruppe und entsprechendem Preisschild.

Das Fahrwerk ist im besten Sinne unauffällig, abgesehen von einem leicht widerständigen Anfedern schluckt es Unebenheiten gut und erlaubt unerwartet hohe Kurvengeschwindigkeiten, bis sich seine Präzision in ausgeprägtem Untersteuern verliert. Was auf gewundenen Straßen freilich kaum auffällt, ist die Indifferenz der Lenkung um ihre Mittellage, die nervt dafür auf der Autobahn.

Auffahrwarner und Notbremsassistent in einem ist die "Dual-Sensor gestützte aktive Bremsunterstützung" (SDBS). Sie sabotiert das Sicherheitsgefühl durch audiovisuell wirkungsvoll untermalte Fehlalarme. Weniger erschreckend aber ebenfalls nicht immer richtig agiert der Spurhalteassistent. Etwas besser machte es die Verkehrszeichenerkennung. Vom Müdigkeitswarner habe ich keine Meldung erhalten, was – denke ich – weder über mich noch über den Assistenten eine Aussage treffen lässt. Praktisch fand ich den Ausparkassistenten mit dem Namen "RCTA", was ich als lautmalerisch für das nehme, was passieren könnte, wenn er beim rückwärts Ausparken nicht vor Querverkehr warnen würde.

Suzuki Swift 1.2 Dualjet Hybrid Technik (8 Bilder)

Für einen Saugmotor mit nur 1,2 Litern Hubraum sind 107 Nm schon bei 2800/min sehr weit vorn. Die sich linear anfühlende Leistungskurve jedoch bleibt ohne Aufladung unvermeidlich.  (Bild: Florian Pillau)

VW Polo, Skoda Fabia (Test) und Ford Fiesta (Test) gehören zu den meistverkauften Autos auf dem Feld des Swift. Die beiden Kleinwagen aus dem Volkswagen-Imperium bieten immerhin die Wahl zwischen dem gleichen Motor mit und ohne Aufladung (für 18.511 oder 15.138 Euro beim Polo), wobei man nicht guten Gewissens zum Saugmotor im 1.0 MPI raten kann, weil der seine 93 Nm erst bei erschütternden 3700 bis 3900/min bereithält. Der Ford kostet mit fünf Türen, einem 1,1-Liter-Vierzylinder 55 kW und 105 Nm mindestens 13.891 Euro.

Zu bedenken ist angesichts dieser optimistischen Preise allerdings, dass deutsche Basis-Kleinwagen ausgesprochene Nacktfrösche sind, die schnell sehr viel teurer werden, wenn man sie entsprechend ausstattet. So bietet das Swift-Einstiegsmodell bereits einen Abstandstempomaten und im Gegensatz zu VW und Ford auch schon LED-Scheinwerfer, die mittlere Ausstattung schon fast alle gängigen Assistenzsysteme.

Wir fuhren den für 18.452 Euro fast kompletten "Comfort+", weit über 20.000 Euro kann man laut Preisliste für das Auto kaum ausgeben. Nicht ausblenden sollte man aber mögliche Einschränkungen, die mit Paketlösungen naturgemäß einhergehen. So bekommt man für den Swift keine Option auf andere Sitze, obwohl Suzuki im Swift Sport Integralsitze einbaut. Die Serienmöbel allerdings wären für mich ein Ausschlusskriterium.

Ob man sich in so einem Auto untermotorisiert fühlen muss, wie manche zu Unrecht kritisieren, hat man in der eigenen Hand: Wer nicht trödeln möchte, muss sich nur der angesichts immer besserer Turbo-Konzepte langsam ins Vergessen abdriftenden Kulturtechnik des rechtzeitigen Runterschaltens besinnen. Dann bekommt man ein Auto, das einen proaktiveren Fahrstil belohnt. Abgesehen von dieser Charakterstärke kann der Swift eigentlich nichts erwähnenswert besser oder schlechter als andere Kleinwagen. Positiv ausgedrückt: Der Swift sieht etwas lustiger aus und fährt auch etwas unterhaltsamer. Den grauen Alltag hilft das Einstiegsmodell ganz kompetent zu bewältigen, naturgemäß bieten die durchweg etwas längeren Wettbewerber aber mehr Gepäckraum.

Die Überführungskosten hat der Hersteller übernommen, die für Kraftstoff der Autor.